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Podcast mit Stefanie Saß: Was wir von einer Weltumseglerin über herausragende Führung lernen können

Stefanie Voss zu Gast bei Stefanie Saß

Führung beginnt mit Selbstführung – und manchmal auch mit einer Weltumsegelung.

Leader on my Ship – über exzellente Führung, Selbstreflexion und mutige Entscheidungen

Ich habe mit Stefanie Saß über meinen Weg in die erste Führungsrolle gesprochen – und darüber, wie eine Weltumsegelung mein Verständnis von Leadership für immer verändert hat. Es geht um herausragende Führung, souveränes Selbstmanagement und die Kunst, mit Konflikten konstruktiv umzugehen. Außerdem sprechen wir über situative Führung, Motivation im Team und die Frage, warum gute Chefs ihre Mitarbeitenden fragen: Was soll ich tun – oder lassen – damit du dein volles Potenzial entfalten kannst?

Das erwartet dich im Interview:

➔ Warum Selbstreflexion die wichtigste Führungsqualität ist
➔ Wie du dein Team situativ und individuell führen kannst
➔ Was in den ersten 100 Tagen als Führungskraft wirklich zählt

Hier geht es direkt zum Interview:

Links zu Stefanie Saß und dem Podcast „Engagingtalents“:

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Transkript

Stefanie Saß [00:00:08]:
Hallo und herzlich willkommen zu deinem Karriere-Podcast der Bau- und Immobilienwirtschaft. Im Monat September haben wir das Thema Führungsverantwortung, erste Führungsverantwortung und auch was eine exzellente Führung überhaupt auszeichnet. Passend dazu habe ich heute Stefanie Voss im Interview. Sie ging mit 16 Jahren als Schülerin in die USA, zog mit 23 für ihren Arbeitgeber nach Argentinien und heuerte bereits mit 25 Jahren auf einem Segelschiff an, die Welt zu umrunden. Mit 31 Jahren wurde sie dann Abteilungsleiterin in einem DAX-Unternehmen. Nach 15 Jahren Konzernkarriere hat sie sich selbstständig gemacht und ist heute international erfolgreich als Vortragsrednerin, Workshop-Moderatorin und Business-Coach. In dem heutigen Interview unterhalten wir uns unter anderem darüber, wie der erste Schritt in die Führungsrolle am besten gelingt. Außerdem erzählt sie uns, wie sie ihre Zeit während der Weltumrundung auf dem Segelschiff erlebt und bis heute geprägt hat, wie sie mit 31 Jahren Führungskraft in einem DAX-Unternehmen wurde, was sie seitdem über eine herausragende und wirklich exzellente Führung gelernt hat, wie man eine heterogene Gruppe als Führungskraft zusammenhalten kann, motiviert und auch Konflikte löst.

Wenn du mehr bei Stefanie Voss erfahren möchtest, dann schau dir gerne ihren YouTube-Kanal, ihre Artikel und auch ihre Coaching-Angebote an. Alle Links dazu findest du in den Show Notes dieser Podcast-Folge. Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Hören der Folge. Deine Stefanie. Liebe Frau Voss, herzlich willkommen heute im Podcast-Interview. Ich freue mich sehr, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

Stefanie Voss [00:01:43]:
Ja, schön, dass ich hier sein darf. Ich freue mich auch.

Stefanie Saß [00:01:46]:
Super. Mögen Sie sich vielleicht einmal kurz vorstellen, wer sind Sie und was machen Sie beruflich aktuell?

Stefanie Voss [00:01:53]:
Ja, also mein Name ist Stefanie Voss, ich bin 46 Jahre alt, ich lebe im Rheinland, bin verheiratet, habe zwei Kinder Und beruflich habe ich eine zweigeteilte Laufbahn. Der erste Teil, die ersten 15 Jahre, waren eine klassische Konzernkarriere in dem DAX-Unternehmen Bayer. Und der zweite Teil meiner Karriere, mittlerweile auch schon elf Jahre, bin ich selbstständig und habe drei Standbeine, mit denen ich unterwegs bin. Zum einen halte ich Vorträge, zum zweiten mache ich Workshop-Moderationen und zum dritten arbeite ich als Business-Coach und der Themenkomplex, der mich begleitet, sind alles rund Kommunikation und Führung. Und ein besonderer Teil meiner Vita ist eine Weltumsegelung. Ich habe mit Mitte 20 entschieden, meine Konzernkarriere mal für ein Jahr zu pausieren, habe angeheuert auf einem Segelschiff, bin die Welt gesegelt und mit der Analogie des Segelns arbeite ich eben heute auch sehr viel in meiner Kommunikations- und Führungsarbeit.

Stefanie Saß [00:02:54]:
Das klingt wirklich super spannend und auch nach einem sehr sehr vielfältigen Werdegang bei Ihnen. Natürlich hat mich natürlich auch sofort dann gereizt der Punkt, dass Sie auf einem Segelschiff angeheuert haben, in den jungen Jahren, die Welt zu umrunden. Das ist natürlich das, was sofort ins Auge sticht und super spannend klingt. Wahrscheinlich werden Sie dazu auch viel gefragt, aber mögen Sie dazu uns auch noch mal kurz irgendwie einen Abriss geben? Wie sind Sie darauf gekommen? Was hat Sie daran gereizt?

Stefanie Voss [00:03:19]:
Ja, also ich bin familiär ein bisschen vorbelastet, denn mein Großvater war Weltumsegler und zwar ein sogenannter Einhand-Weltumsegler, so nennt man Menschen, die alleine auf einem Segelschiff die Welt segeln. Der hat mich natürlich ein Stück weit inspiriert, mich auch dem Segeln zu widmen. Und wie das so oft im Leben ist, waren es eine ganze Reihe von Zufällen, die zusammenkamen und mich zu dieser Weltumsegelung gebracht haben. Ich habe zu der Zeit damals in Argentinien gearbeitet. Ich war für Bayer in Lateinamerika in der Lateinamerika-Vertretung in Buenos Aires. Und mein Job wurde nach zwei Jahren von Argentinien nach Brasilien verlegt, nach Sao Paulo. Ich wollte nicht nach Sao Paulo. Wer Buenos Aires kennt und wer Sao Paulo kennt, der weiß, dass Buenos Aires eine traumhaft schöne Stadt ist.

Und Sao Paulo, naja, sagen wir mal nicht ganz so. Und ich wollte auch nicht Portugiesisch lernen. Ich hatte also viele gute Gründe, nicht da hinzugehen. Ich wollte aber auch noch nicht zurück nach Deutschland und habe dann so ein bisschen überlegt, was könntest du denn jetzt machen? Du bist jetzt gerade zwei Jahre in Lateinamerika, du musst jetzt auch noch nicht direkt zurück nach Deutschland und wie es der Zufall will, habe ich erfahren, dass eine Reihe von Schiffen in Argentinien vorbeikommen, die auf einer Weltumsegelung sind. Ich habe die Organisation kontaktiert. Ich habe gefragt, kann man bei euch mitsegeln? Und dann haben die gesagt, ja klar, das ist kein Problem. Komm einfach in den Hafen. Und wenn du ein paar Sprachen sprichst und dich nicht allzu blöd anstellst, dann nimmt dich irgendein Schiff schon mit.

Und das hört sich jetzt komisch an, aber genau so war es. Ich bin in den Hafen gegangen, ich habe mich da den Schiffen vorgestellt, habe gesagt, ich würde gern mitsegeln. Dann hat mich sofort jemand mit an Bord genommen. Ich habe dann noch ein paar mal gewechselt, war letztendlich die längste Zeit auf einem deutschen Schiff unterwegs. Aber so bin ich zu meiner Weltumsegelung gekommen. Ich sage immer, ich bin von Buenos Aires aus zurückgereist nach Deutschland, aber den Weg hintenrum. Also ich habe quasi den Beweis angetreten, Die Erde ist eine Kugel.

Stefanie Saß [00:05:17]:
Ich finde es super spannend. Also auch sehr proaktiv, dass Sie dann proaktiv darauf zugeschritten sind und sich das selber ganz initiativ dann auch alles so organisiert haben, oder?

Stefanie Voss [00:05:26]:
Ja, auf jeden Fall. Also es gab natürlich zum damaligen Zeitpunkt auch noch keine Sabbatical-Regelungen in großen Konzernen. Das war alles irgendwie neu. Ich glaube, ich hatte zum einen natürlich den unbedingten Wunsch und Willen, das zu tun. Also ich bin da mit viel Wadenbeißer-Qualitäten an diese Idee rangegangen. Ich hatte allerdings auch gute Vorgesetzte in der Zeit, die, glaube ich, auch sehr fasziniert waren von meiner Idee. Also, ja, Urlaub zu machen ist das eine, aber wenn man zu seinen Chefs geht und sagt, also ich würde ganz gerne die Welt segeln und ich fände es super, wenn ihr das unterstützen würdet. Und man ist dann auch noch eine mit 20-jährige junge Frau.

Ja, das hat auf, das ist auf Gegenliebe gestoßen. Ich habe sehr viel Unterstützung erfahren und habe das dann so einfach umgesetzt. Ich bin auch mit viel Naivität in diese Reise reingegangen und das war vielleicht auch gut so.

Stefanie Saß [00:06:18]:
Ja, manchmal braucht man so ein gesundes Maß an Naivität am Anfang, bevor man Dinge startet. Das kenne ich auch aus eigener Erfahrung.

Stefanie Voss [00:06:24]:
Auf jeden Fall.

Stefanie Saß [00:06:26]:
Wie war denn auch Ihre Zeit so auf dem Segelschiff? Also ich bin selber keine Seglerin, Aber ich kann mir vorstellen, dass die Strukturen auf einem Segelschiff auch teilweise früher oder auch immer noch sehr hierarchisch sind und natürlich auch sehr gegliedert sind. Anders funktioniert es wahrscheinlich auch nicht auf dem Schiff, wenn jeder da diskutieren will, in welche Richtung gesegelt wird. Wie haben Sie denn diese Zeit so erlebt während der Weltumsegelung?

Stefanie Voss [00:06:47]:
Also Segeln ist natürlich in der Tat ein sehr hierarchischer Sport und das hat mir gut gefallen. Also die Struktur und die Klarheit, die es im Segeln gibt, die finde ich auch heute noch gut und richtig. Und ich bin auch heute noch, auch wenn wir natürlich sagen, hierarchische Führung ist lange tot, es gibt viele Situationen, in denen Hierarchien einfach Sinn machen, weil sie schnelle Entscheidungen ermöglichen. Grundsätzlich muss man sich aber so eine Weltumsegelung gar nicht so wahnsinnig spektakulär vorstellen. Wenn man mit den Passatwinden unterwegs ist und das machen Weltumsegler, dann kann es auch durchaus schon mal sein, dass man an einem Ort die Segel setzt und dann einfach 2000 Kilometer weiter die Segel wieder runter nimmt und zwischendurch halt sehr viel Wasser gesehen hat. Das Besondere oder die besondere Herausforderung ist tatsächlich das wahnsinnig enge Zusammenleben mit vielen Menschen. Ich war auf einem 20 Meter langen Schiff, also 66 Fuß Schiff. Da haben sie eine Wohnfläche von 30 bis 35 Quadratmetern, wenn man jetzt mal Decksfläche und Unterdecksfläche zusammenrechnet.

Wir waren immer so zwischen 10 und 15 Personen pro Etappe. Und wenn Sie sich einfach vorstellen, Sie sind mit, sagen wir mal, 12 Personen auf 35 Quadratmetern, zehn Tage eingesperrt, dann ist relativ schnell klar, dass die größte Herausforderung die menschliche Komponente ist. Also mit unterschiedlichsten Charakteren auf sehr engem Raum klarkommen, leben, arbeiten, sich arrangieren. Das habe ich auch ehrlich gesagt total unterschätzt Und das war die wichtigste Lernerfahrung der Reise, dass ich doch auch zwischenmenschlich da ziemlich an meine Grenzen gestoßen bin und mich aber eben Gott sei Dank da dann letztendlich durch diese Probleme, die ich hatte, sehr schnell entwickelt habe.

Stefanie Saß [00:08:31]:
Ja, das klingt auch nach einer richtig großen Lernerfahrung, von der Sie wahrscheinlich auch die nächsten Jahre oder Jahrzehnte und wahrscheinlich bis jetzt noch immer noch zehren, was die zwischenmenschliche Kommunikation und das Zusammenleben und die gemeinsame Arbeit auf engem Raum angeht.

Stefanie Voss [00:08:45]:
Ja, genau.

Stefanie Saß [00:08:47]:
Wenn man sich Ihren Werdegang dann weiter anschaut, es klingt ja wirklich weiterhin alles super interessant bei Ihnen. Also es war jetzt nicht nur die Weltumsegelung, sondern mit 31 Jahren, wie ich es gelesen habe, wurden Sie dann ja auch bereits Führungskraft in einem DAX-Unternehmen. Das ist ja auch sehr, sehr jung und sehr früh tatsächlich. Wie kam es dazu und wie haben Sie auch so die erste Zeit als Führungskraft für sich dort erlebt?

Stefanie Voss [00:09:09]:
Ja, also ich war in der Unternehmenskommunikation bei Bayer CropScience, also bei dem Pflanzenschutzbereich von Bayer Und es kam letztendlich durch Zufälle dazu, mein Chef ist weggegangen, hatte eine andere Stelle und hat mich gefragt, ob ich seine Nachfolge übernehmen möchte. Und ich war natürlich erst mal so ein Stück weit perplex, aber ich hatte natürlich auch Ambitionen. Es wäre ja verrückt zu sagen, ich wollte das nicht. Ich wollte das auch. Habe diesen Job dann angenommen und, und das ist die nächste interessante Geschichte, ich habe den Job übernommen und ich glaube, es war zwei Tage, nachdem ich meine neuen Visitenkarten bekam mit diesem neuen Jobtitle, da war dann mein Schwangerschaftstest positiv. Und dann habe ich den Job aber eben auch mit Kind und in Teilzeit und so weiter weitergemacht. Es war anstrengend. Die erste Führungsposition ist anstrengend.

Sie ist natürlich auch aufregend und schön und ich war natürlich auch wahnsinnig stolz. Es war in meinem Fall und das ist in vielen Fällen so, das erlebe ich heute aus der Coachingperspektive, sie war gespickt mit vielen Fettnäpfen, von denen ich etliche mitgenommen habe. Und das ist eben Führung. Also Führung lernt man nur durch Führung, sage ich immer. Ich habe oft Menschen im Coaching, die dann sagen, ja, aber ich weiß jetzt gar nicht und ich kann das doch noch gar nicht, aber Ich kann es ja auch nur lernen, wenn ich es irgendwann mal mache. Und auch da, das hört sich vielleicht irgendwie lustig an, aber ich bin auch da mit einer gewissen Portion an Naivität reingegangen. Und das war gut. Ich habe mir nicht so viel vorher ausgemalt, sondern ich habe es einfach mal auf mich zukommen lassen.

Und ich habe es nicht vorher schon, ja, in mir das Gehirn zermartert, sondern habe immer schon im Leben so eine Haltung gehabt. Die hat mich auch aufs Segelschiff gebracht, so nach dem Motto, naja, das kriegst du schon irgendwie hin. Und genauso war es natürlich auch. Ich habe es hinbekommen. Es hat mir geholfen, dass ich zum einen ein super wertschätzendes Team hatte, also ich habe wirklich eine tolle Mannschaft übernommen und ja natürlich auch die Segel-Erfahrung, also dieses Wissen, Ich kann mit Problemen umgehen. Es wird Situationen geben, in denen geht es mir gar nicht gut mit der neuen Situation als Führungskraft. Und ich finde da einen Weg raus. Und Führung darf auch schwierig sein.

Und sie darf auch, gerade am Anfang, sie darf auch misslingen. Ich darf auch Fehler machen. Ich bin doch nicht nur, weil ich jetzt Führungskraft bin, auf einmal unfehlbar. Das ist auch was, was ich heute in meinen Seminaren und in meinen Coachings sehr gerne weitergebe.

Stefanie Saß [00:11:43]:
Ich kann mir vorstellen, dass gerade für junge Führungskräfte auch der Schritt heraus schwierig ist, aus dem Team auf einmal dann eben eine Führungskraft zu sein, mit den alten und ehemaligen Mitarbeitern zusammen und sich so weiterzuentwickeln in die Führungsrolle hinein. Also ich habe diese Umstellung auf einmal dann quasi vorgesetzt zu sein, stelle ich mir auch sehr kompliziert vor.

Stefanie Voss [00:12:04]:
Ja, also es ist auf jeden Fall nicht einfach. Es ist ja eine besondere Situation, aber es ist ja auf der anderen Seite eine Situation, die es ganz oft gibt, dass jemand in seinem Team aufsteigt. Das ist ja fast schon so ein Klassiker Und es hat in meinem Fall an vielen Stellen sehr reibungslos funktioniert. Und es gab aber eben auch einen Fall, an dem hat es ganz, ganz starke Reibung gegeben. Und das ist auch wiederum der Klassiker. Es gab noch jemanden anderen im Team, der sich Hoffnung gemacht hat auf die Nachfolge in der Teamleiterrolle oder in der Abteilungsleiterrolle. Und der war natürlich alles andere als glücklich, als ich dann die neue Chefin wurde. Und wir haben uns auseinandergesetzt mit der Situation und fanden die beide natürlich unglücklich und sie war auch ziemlich konfliktreich.

Und letztlich hat sich die Situation dadurch geklärt, dass er das Team verlassen hat. Ich habe das in dem Moment damals als wahnsinnig schwierig und dramatisch und so weiter empfunden. Und heute weiß ich, Gott sei Dank ist das so gekommen. Das ist gut und das ist auch manchmal einfach richtig so. Wenn da so viel Verletzung passiert ist, gar nicht ja durch mich, weil ich habe die Entscheidung ja nicht getroffen, sondern dadurch, dass jemand sich unglaubliche Hoffnungen gemacht hat, die dann zerstört wurden, dann ist manchmal eben auch die Trennung der beste Schritt in dem Moment. Und auch das, eine Führung ist eben nicht immer einfach und ist auch mal schmerzhaft und anstrengend und konfliktreich. Und das gehört auch dazu. Und ich glaube, das war einer meiner Vorteile.

Wir hatten vorher schon eine gute Streitkultur in diesem Team. Es wurde auch vorher schon viel diskutiert und auch viel gestritten und deswegen glaube ich ist mir der Schritt in die Führungsrolle da auch an der Stelle tatsächlich leicht gefallen, weil ich auch eben dieses durchaus mal anderer Meinung sein und konfliktreich diskutieren. Das war einfach in dem Team, das war schon da. Diese Fähigkeiten waren da.

Stefanie Saß [00:13:54]:
Michi, erreicht auch öfters die Frage, wie man sich dann so in den ersten Tagen am besten organisiert als Führungskraft. Also man hat die neue Position, hat vielleicht auch irgendwelche KPIs für das Team, die man tracken muss, muss selber eben auch Bericht erstatten an die Führungsebene darüber. Wie kann man sich denn so die ersten Tage am besten einleben in die neue Rolle? Haben Sie dafür Tipps aus eigener Erfahrung?

Stefanie Voss [00:14:15]:
Ja, also auf jeden Fall. Also Erstmal habe ich lustigerweise genau zu dem Thema einen Blogartikel geschrieben. Ich schicke Ihnen gerne den Link, den können Sie dann in den Shownotes zum Podcast verlinken, genau zu der Frage, was kann ich eigentlich tun. Und mein erster und wichtigster Tipp ist immer, Ruhe bewahren und sich selber Zeit nehmen und sich vor allem selber nicht zu sehr unter Druck setzen. Ich erlebe immer wieder Führungskräfte, die neu in der Führungsrolle sind, die meinen, sie müssten in den ersten 100 Tagen irgendwie ein Wahnsinnsprogramm abfahren. Ja, Also die müssten sofort alles richtig machen und sofort die Themen, die ganz lange liegen geblieben sind, jetzt endlich anpacken und natürlich dabei eben auch alles richtig machen. Und das ist natürlich absurd. Das gelingt praktisch niemandem.

Das Wichtigste, was ich tun kann, ist mir Zeit nehmen. Natürlich der Klassiker, mich mit jedem einzelnen Teammitglied in Ruhe auseinandersetzen, die gegenseitigen Erwartungen klären. Das finde ich ist somit die wichtigste erste Aufgabe, die ich in der neuen Führungsrolle habe. Egal ob ich in meinem eigenen Team aufgestiegen bin oder neu in ein Team reinkomme als Führungskraft. Ja und dann wichtige Entscheidungen durchdenken. Also wir glauben immer, wenn wir jetzt Führungskraft sind, dann müssten wir ja ganz schnell, ganz klar entscheiden. Und auch wir dürfen uns Zeit nehmen, Sachen zu überdenken. Ich habe tatsächlich den Fehler gemacht, so ein paar Sachen relativ schnell und relativ zügig durchzudirigieren und habe im Nachhinein gedacht, das war total blöd, du hättest dir besser mal Zeit genommen, hättest besser noch mal ein bisschen reflektiert, das Ganze noch mal ein bisschen in dir hin und her gedacht, bevor du Entscheidungen triffst.

Und auch da, Ruhe bewahren. Es muss nicht alles sofort passieren. Ich darf mich auch in meiner neuen Rolle erst finden.

Stefanie Saß [00:16:04]:
Ich kann mir auch vorstellen, dass sich da viele unter Druck setzen und dann abliefern und performen wollen und zeigen, dass sie der Rolle gewachsen sind, aber sich da glaube ich Zeit lassen, das ist schon mal ein richtig guter Tipp.

Stefanie Voss [00:16:14]:
Ja, sich Zeit lassen und, das hatte ich leider damals nicht die Idee, aber das ist heute etwas, was ich im Coaching ganz häufig rate, beziehungsweise womit ich mit meinen Coaching-Klienten darüber spreche und was ich auch für mich selber nutze. Eine der wichtigsten Techniken ist das sogenannte innere Berater-Team oder der innere Aufsichtsrat, so nenne ich das auch. Ich habe in meinen Gedanken einige Persönlichkeiten, einige davon kenne ich und einige davon kenne ich auch gar nicht und das ist so mein innerer Aufsichtsrat.

Und wenn ich mir eine Frage stelle, eine wichtige Frage, dann überlege ich, wenn ich jetzt mit meinem Aufsichtsratsmitglied reden würde über diese Frage, was würde der oder die mir eigentlich raten. Und das können auch berühmte und bekannte Persönlichkeiten sein, denen ich nie im Leben begegnen werde. Also in meinem Aufsichtsrat sitzt die amerikanische Moderatorin Oprah Winfrey, weil ich die einfach sehr bewundere. Und immer wenn ich an Punkte komme, wo ich so denke, ah machst du es so oder machst du es so und wie verhältst du dich da, dann gehe ich in Gedanken zu Oprah und sage, Mensch Oprah, was würdest du denn in der Situation machen? Und dann überlege ich, wie würde sie eigentlich damit umgehen? Und so ein innerer Aufsichtsrat, so vier, fünf Leute, die ich wunderbar finde, die ich bewundere, denen ich sehr viel Vertrauen schenke, die so in Gedanken immer wieder als inneres Team, innere Berater für mich zu nutzen, das finde ich ist auch eine super Technik.

Stefanie Saß [00:17:40]:
Ja, das ist spannend. Ich glaube, ich habe auch mal sowas für mich selber aufgestellt. Das ist schon ein paar Jahre her, aber ich habe gerade überlegt, als Sie Provincial Mind, Ich glaube, bei mir war es Michelle Obama und auch Angela Merkel. Weil mir manchmal, also ich habe überlegt, welche Stärken mir manchmal fehlen. Und zum Beispiel von Angela Merkel finde ich ihre Sachlichkeit total toll. Also wie sachlich sie an Themen und wie ruhig und gelassen sie daran geht. Und in einigen Situationen, wo man selber vielleicht ein bisschen zu aufbrausend und zu schnell reagiert, kann man sich überlegen, welche Stärke fehlt mir jetzt und welche Person hat jetzt genau diese Stärke, die mir jetzt vielleicht fehlen würde.

Stefanie Voss [00:18:12]:
Genau, und ich kann auch meinen inneren Aufsichtsrat so aufstellen, dass da sehr unterschiedliche Persönlichkeiten drin sind. Dass also vielleicht jemand drin ist, der extrovertierter ist, jemand drin ist, der introvertierter ist. Natürlich darf da auch jemand drin sein, den ich kenne, also den ich quasi dann auch anrufen kann oder fragen kann, hör mal, kannst du mir mal einen Tipp geben, wie würdest du das machen? Aber tatsächlich funktioniert es auch mit Menschen, die ich überhaupt nicht kenne. Und auch die können als Ratgeber in meinen Gedanken eine unglaublich wichtige Funktion einnehmen.

Stefanie Saß [00:18:41]:
Ja, das ist ein toller Tipp. Würden Sie denn auch sagen, Was macht eine wirklich herausragende und exzellente Führung aus? Sie haben ja super viel Kontakt zu tollen Kunden, zu vielen Coaches. Was haben Sie da vielleicht auch für sich selber rausgefunden? Was ist es wirklich, was diese exzellente oder herausragende Führung ausmacht?

Stefanie Voss [00:19:01]:
Es gibt zwei Dinge, die für mich jemanden zu einer herausragenden Führungspersönlichkeit machen. Das eine ist, wenn ich Menschen erlebe, von denen ich den Eindruck habe, die sind in einem sehr guten Kontakt zu sich selbst, also die ruhen in sich oder kennen sich sehr gut, dann ist das so eine Grundvoraussetzung. Also jemand, der ein großes Selbstvertrauen ausstrahlt, eine große Souveränität, die kein Angebertum ist, sondern eben so was wie, ich nenne das gerne innere Ruhe, guter innerer Kontakt. Das ist so das eine, was für mich ganz entscheidend ist. Und das zweite ist die Begegnung mit anderen auf, ja ich nenne das Prinzip gerne Augenhöhe. Also jemand, der andere Menschen einfach prinzipiell gleichwertig behandelt. Da gibt es ja diese schöne Analogie, das haben Sie bestimmt schon gehört. Wenn Sie was über eine Führungskultur in einer Organisation rauskriegen möchten, dann fragen Sie mal den Pförtner, wie der begrüßt oder behandelt wird von den verschiedenen Führungsebenen.

Und gute Führungskräfte behandeln jeden Menschen auf Augenhöhe und machen keine Unterscheidung. Und das sind schon mal so zwei ganz, ganz, ganz elementare Grundvoraussetzungen. Dann ist es natürlich zusätzlich auch noch gut, wenn jemand sich fachlich auskennt und wenn jemand tolle Ideen hat und kreativ ist und so weiter. Aber die beiden Grundbausteine sind ein guter Kontakt zu sich selbst, eine gute innere Ruhe, weil das quasi auch die Voraussetzung dafür ist, dass ich mit anderen Menschen in gutem Kontakt sein kann.

Stefanie Saß [00:20:32]:
Wahrscheinlich lassen sich die Menschen auch eher führen von einer Person, die in sich ruht und die die Souveränität vermittelt und eine gewisse Ruhe ausstrahlt. Also wenn man einer Person folgen soll, die total hektisch ist und selber eigentlich ausstrahlt, dass sie gar keinen Plan hat, wohin es dann gehen soll.

Stefanie Voss [00:20:47]:
Genau, also das ist letztendlich innere Ruhe ist für uns attraktiv, gerade in stürmischen Zeiten. Übrigens ganz klassisch im Moment zu beobachten. Warum hat Angela Merkel jetzt in den letzten Wochen und Monaten so unfassbar hohe Zustimmungswerte bekommen? Ja, weil wir uns in einer Zeit, wo so viel Veränderung, wo so viel Chaos, wo so viel Neues auf uns einstürmt, natürlich jemand, der das Gefühl ausstrahlt, ich kenne mich, ich weiß, wo ich bin, ich weiß, was ich kann, Ich reg mich nicht auf, ich werde nicht total emotional, sondern ich mache einfach weiter ganz klar und souverän und strick meine Arbeit. So jemand ist natürlich in solchen Zeiten unglaublich attraktiv. Und genau das macht es aus. Führung heißt, ich kann anderen Menschen in irgendeiner Form Vertrauen und Sicherheit vermitteln. Und dazu muss ich erst mal mich selber führen und mich selber zu führen, muss ich mit mir selbst in einem guten Kontakt sein.

Stefanie Saß [00:21:40]:
Ja, guter Punkt. Ich habe auch noch ein paar Beispiele aus der Praxis mitgebracht, weil mir einige, auch meine Kunden natürlich immer Fragen zum Thema erste Führungsverantwortung stellen und der eine zum Beispiel hat mir gerade erzählt, er ist jetzt gerade Führungskraft geworden von einem kleinen Team aus drei Mitarbeitern, die alle sehr heterogen sind. Also die verstehen sich so, können auch miteinander kommunizieren, ist jetzt kein offener Streit vorhanden, aber sind alle sehr verschieden. Die eine Person ist sehr jung, die anderen auch schon viel älter und sind auch vom Charakter her super verschieden. Wie kann man sich denn da als Führungskraft am besten auch positionieren?

Stefanie Voss [00:22:15]:
Also letztlich gibt es eine ganz, ganz einfache Regel. Behandle die Menschen so, und jetzt kommt ja der Standardsatz, wie du selber behandelt werden möchtest, und der ist falsch. Behandle Menschen so, wie sie behandelt werden möchten. Jeder ist unterschiedlich und wir nennen das heute situative Führung. Jeder hat das Recht auf eine individuelle Art von Führung. Und wie geht das? Ja, ganz einfach, indem ich Menschen frage, was sie von mir als Führungskraft erwarten. Das heißt ja nicht, dass das ein Wunschkonzert ist. So nach dem Motto, ja, lass mich in Ruhe und bezahl mir viel und alles ist wunderbar.

So funktioniert es natürlich nicht, sondern es gibt so, ich nenne das gerne die Zauberfrage der Weiterentwicklung. Ich gehe auf meinen Mitarbeiter zu und sage, lieber Mitarbeiter, so und so und so ist jetzt unsere Situation hier, das sind die Ziele, die wir als Unternehmen haben. Was kann ich dafür tun oder was sollte ich lassen, damit ich für dich eine gute Führungskraft bin, damit du dein volles Potenzial entfalten kannst und deine Aufgaben erledigen kannst.

Und das kann bei einem jungen 25-jährigen, vielleicht eher technisch orientierten Mitarbeiter was ganz anderes sein, als bei jemandem, der in den letzten Jahren seiner beruflichen Karriere steht und der vielleicht eher kreativ und visionär unterwegs ist. Meine Führungsaufgabe ist dann herauszufinden, was jeder jetzt gerade braucht.

Stefanie Saß [00:23:40]:
Also das individuelle Eingehen auf jede einzelne Person ist da sehr entscheidend.

Stefanie Voss [00:23:45]:
Ja, genau. Es gibt leider nicht so dieses Kochrezept, wenn du das machst, dann machst du alles richtig. Sondern ich behaupte immer, Menschen sind individuell und unterschiedlich. Und es gibt Situationen oder es gibt auch Menschen, Die brauchen viel mehr Anleitung, viel mehr Struktur, viel mehr Klarheit, während andere viel mehr Freiheit und Raum brauchen, sich zu entfalten. Und meine Aufgabe als Führungskraft ist, das herauszufinden. Und wie kann ich das herausfinden? Ja, indem ich mit den Leuten rede.

Stefanie Saß [00:24:19]:
Ich habe in einem Seminar mal eine ganz interessante Übung dazu gemacht. Da sollte jede Person ihre Bedürfnisse, also ihre vier größten Bedürfnisse aufschreiben, so ähnlich wie eine Pflanzenleitung. Man kennt ja noch von einigen Pflanzen auf dem Balkon. Diese Anleitung braucht viel Sonne, braucht viel Wasser, einmal die Woche Dünger und so. Und das wurde halt in dem Seminar übertragen auf die einzelnen Menschen. Das fand ich auch ganz witzig, dass jeder Mitarbeiter oder Mitarbeiterin für sich formulieren sollte, was sind denn eigentlich meine Bedürfnisse. Also zum Beispiel brauche ich die erste halbe Stunde im Büro immer meine Ruhe, weil ich da gerne in Ruhe meine E-Mails checke und dann möchte ich halt nicht gerne schon überfallen werden von jemandem mit den Tages-ToDo oder so. Oder möchte ich zum Beispiel immer ganz enges Feedback haben, dass ich immer ganz eng in der Feedbackschleife bin und da reicht mir auch einmal die Woche irgendwie eine Stunde sich zusammensetzen und dann so ein gesammeltes Feedback zu erhalten.

Das fand ich auch eine ganz witzige Übung, die ist mir gerade dazu eingefallen.

Stefanie Voss [00:25:12]:
Genau, das wird ja auch klassischerweise in Teamentwicklungsmaßnahmen gemacht. Das können Sie in der Pflanzanleitung bzw. Bedienungsanleitung. Jeder muss mal eine Bedienungsanleitung für sich selber schreiben. Und das ist auch übrigens für einen selbst total interessant, mal zu überlegen, wo sind eigentlich meine Knöpfe? Also was macht jemand anders und treibt mich damit auf die Palme? Und warum ärgert mich das eigentlich so? Warum reagiere ich denn überhaupt so? Und genauso wichtig ist es eben für den anderen zu wissen, zum Beispiel genau dieser Klassiker, morgens vor meinem ersten Kaffee sprich mich bloß nicht an.

Stefanie Saß [00:25:46]:
Ja, auf jeden Fall. Also Ich finde das super interessant. Einerseits, sich selber besser kennenzulernen, aber auch, dann die Kollegen besser zu verstehen. Ich hatte auch selber mal einen Kollegen, der war komplett anders strukturiert von seiner Persönlichkeitsstruktur. Ich dachte mal, es kann doch nicht sein, dass der so anders tickt. Aber wenn man seine Bedürfnisse dahinter versteht, dann weiß man, okay, er meint das nicht so. Sein Bedürfnis ist einfach eine ganz enge Feedback-Schleife zu haben. Das möchte er einfach haben, dass er dann besser arbeiten kann.

Und wenn man das weiß, finde ich, löst das auch schon einige Konflikte auf, weil man dieses Bewusstsein viel mehr für die andere Person dadurch gewinnen kann.

Stefanie Voss [00:26:18]:
Auf jeden Fall und genau das, was ich eben sagte, diese Zauberfrage der Weiterentwicklung, die kann ich natürlich auch unter Kollegen stellen. Also ich kann mich auch mal mit meinem Kollegen unterhalten und kann mal hingehen und sagen, sag mal in unserer Zusammenarbeit, so aus deiner Perspektive, Was sollte ich eigentlich tun oder was sollte ich eigentlich lassen, für dich ein besserer Kollege zu sein? Besprechenden Menschen kann geholfen werden. Das ist übrigens eine ganz interessante Frage auch im familiären Kontext. Die will man da nicht unbedingt stellen, weil man nicht unbedingt die Antwort hören möchte. Ich mache das natürlich trotzdem alleine schon so aus Selbstversuchsgründen, aber ich frage auch gelegentlich mal meine Kinder, was ich denn tun oder lassen sollte, für sie eine gute Mutter zu sein. Und da kommen echt spannende Antworten.

Stefanie Saß [00:27:01]:
Das glaube ich. Wahrscheinlich auch viele Antworten, mit denen man gar nicht gerechnet

Stefanie Voss [00:27:04]:
hat. Genau. Mein sohn sagte letztens noch zu mir also dass ich streng wäre das würde ihn gar nicht stören das fänder sogar gut ich sollte auch weiterhin streng bleiben aber die art und weise wie ich manche dinge ausdrücke Die würden ihn auf die Palme bringen und da wünscht er sich eine andere Art, das zu formulieren.

Stefanie Saß [00:27:18]:
Ja, interessant. Der Kommunikation ist echt immer wieder so wichtig. Es klingt so einfach und plakativ, aber man vergisst es leider im Alltag so oft.

Stefanie Voss [00:27:26]:
Ja, auf jeden Fall.

Stefanie Saß [00:27:28]:
Ja, spannend. Einen anderen Fall, den ich noch aus meiner Praxis mitgenommen habe. Ich habe einen Kandidaten auch gehabt, der hat auch schon länger jetzt ein Team, aber da ist so ein bisschen die Motivation im Team abhanden gekommen. Also die machen da irgendwie alle ihren Job, aber sind mehr so 9-to-5-Worker und ja, solange man halt irgendwie sich da durchwurscht, dann ist das auch für alle Seiten okay. Aber er möchte gerne da Vollgas geben. Und er fühlt sich ein bisschen ausgelaugt, dass er immer den Anstoß geben muss für die Motivation. Und ihm zieht das super viel Energie. Und Er fragt sich nun, wie kann man am besten das Team motivieren?

Stefanie Voss [00:28:06]:
Also letztlich, da bin ich ganz, ganz klar, Sie können gar nicht andere, also wir können andere Menschen nicht motivieren. Motivation entsteht immer von innen heraus. Ich kann maximal Rahmenbedingungen schaffen, in denen Menschen selber leisten wollen. Das ist so das eine. Also die Frage ist, welche Rahmenbedingungen kann diese Person schaffen, sodass die Menschen im Team Lust haben zur Leistung, Dinge voranzubringen, Dinge voranzutreiben. Auch da, erster Punkt, einfach mal nachfragen. Was motiviert dich? Was müsste ich machen als dein Chef, als deine Führungskraft, damit du mehr Lust hast, dich einzubringen, damit du mehr tun kannst? Und parallel dazu, das Zweite, was ich auf jeden Fall machen würde, ich würde mich mal fragen, was hat das denn für Konsequenzen, dass die so vor sich hin, ich nenne das jetzt mal ganz böse, vor sich hin daddeln. Also wenn jemand arbeitet primär, Geld zu verdienen, Was gar nicht schlimm ist, was ich überhaupt nicht verurteilen will, sondern wenn jemand sagt, okay, ich gehe jetzt hier hin von neun bis fünf und ich mache ja meinen Job und das, was ich an Kohle nach Hause nehme, finde ich wunderbar.

Und mit einer Leistung, ich sage mal irgendwie bei 75 Prozent von dem, was möglich wäre, kommt so jemand wunderbar durch. Und das reicht ihm dann auch. Dann habe ich ein Problem, denjenigen zu motivieren, weil der kommt ja mit seinen 75 Prozent einfach gut durch. Jetzt habe ich zwei Möglichkeiten zu schrauben. Ich kann zum einen versuchen, ihn dafür zu begeistern, ihn fragen, Mensch, was müsste noch passieren, damit du auf 100 Prozent, damit es mehr ist, damit du mehr Engagement, mehr Ideen und so weiter einbringst. Und die andere Möglichkeit, und die ist natürlich nicht schön und die greifen wir natürlich auch nicht gerne auf, ist die Sanktionierung nach dem Motto, wir erwarten aber hier 100 Prozent und das, was du da gerade bringst, ist nicht genug. Und es hat die und die und die Konsequenzen, wenn es weiter so eine, ja, ist halt ganz okay Leistung ist. Es gibt aber einfach Menschen, und das finde ich ist auch legitim.

Nicht jeder ist ein Anführer und will und macht und tut, sondern es gibt auch Menschen, die sind einfach mal fleißige Bienchen und die haben noch viele andere Prioritäten in ihrem Leben und dann ist eben meine Frage, wie kann ich denen die Rahmenbedingungen schaffen, dass das, was die an normaler, strukturierter Arbeit bekommen, eben auch gut ableisten. Und natürlich kann dazu auch gehören, dass ich manchmal Sachen ein bisschen engmaschiger kontrollieren muss. Gar nicht so sehr, denjenigen, sage ich jetzt mal, zu bedrängen oder zu pushen, sondern wenn jemand kontinuierlich mit seiner Leistung, ich sag mal, immer so ein bisschen weiter runter fährt und es gibt andere Menschen im Team, die das mit bekommen, dann habe ich natürlich als Führungskraft auch eine Pflicht, das zumindest irgendwo anzumerken und auch anzusprechen. Denn wenn jemand einfach so damit durchkommt, sage ich jetzt mal, dann werden die anderen das im Zweifelsfall imitieren.

Stefanie Saß [00:30:58]:
Das kann natürlich schnell zum Problem werden, wenn man eine Person hat, die halt mehr so ein Nine-Five-Mentalität mit ins Team bringt, dass auch die anderen sich davon anstecken lassen und dann vielleicht auch nachlassen an ihrer Motivation.

Stefanie Voss [00:31:09]:
Auf jeden Fall. Und das ist eine Menschen, also Menschen sind Nachmacher, also Im allerbesten Sinne. Wir lernen unser ganzes Leben dadurch, dass wir nachmachen. Kinder gucken sich bei Eltern, Geschwistern, Erwachsenen ab, was sie tun und machen das nach. Und wenn ich meinen Kollegen erlebe, der ständig seine Arbeit irgendwie wegdrückt oder nur so halbherzig macht und damit durchkommt, und ich habe gerade vielleicht noch ein paar andere Themen auf der Agenda in meinem Leben, dann sage ich mir irgendwann, warum soll ich denn jetzt hier irgendwie so viel mehr machen, wenn der damit auch klarkommt, dann mache ich das mal schön nach, weil das scheint ja hier zu funktionieren.

Stefanie Saß [00:31:45]:
Ja, da sind wir wahrscheinlich auch schon beim nächsten Beispiel, was ich noch mitgebracht habe, als letztes und drittes Beispiel. Wie geht man denn als Führungskraft auch mit Konflikten im Team Also es könnte ja auch zum Beispiel dieser eine Konflikt, den Sie auch gerade schon beschrieben haben, sein, die eine Person, die leistet ganz viel und man merkt aber schon, dass sie ein bisschen demotiviert wird, weil alle anderen sie herum leisten vielleicht nur die Hälfte und kommen trotzdem irgendwie durch. Also da kommen auch keine Sanktionen dann. Das wäre ja auch schon ein Konflikt, den man mal so durchspielen könnte. Wie sollte man sich da als Führungskraft generell bei Konflikten am besten positionieren?

Stefanie Voss [00:32:20]:
Also erstmal das Erste, was ich immer zum Thema Konflikte sage, ist so früh wie möglich ansprechen. Ich bin immer wieder ehrlich gesagt total entsetzt, wie lange Konflikte in Organisationen schwälen und kochen, ohne, dass sie überhaupt angesprochen werden. Und das ist gar nicht nur auf der unteren Ebene, sondern es gibt ja genug Organisationen, wo zwei benachbarte Abteilungen, die beiden Abteilungsleiter, seit zwei Jahren nicht miteinander sprechen oder so was. Gibt es überall. Das finde ich zum einen, also erstens, das finde ich total schockierend, das finde ich auch total traurig. Wenn ich als Führungskraft das Gefühl habe, es gibt eine Missstimmung, dann sollte ich nicht zu lange warten, eher früher als später diese Missstimmung ansprechen.

Wie kann ich das ansprechen? Indem ich einfach sage, mein Bauchgefühl sagt mir, irgendwas stimmt nicht. Irgendwie gibt es eine Dissonanz in unserer Zusammenarbeit. Ich kann euch gar nicht genau sagen, was es ist, aber meine Frage ist, spürt ihr das auch? Das ist einfach erst mal nur das Auf-den-Tisch-Legen. Und dann erst die zweite Frage, hat jeder konstruktive Ideen, was er oder sie, also jeder für sich, dazu beitragen kann, dass sich das löst. Und auch da, auf gar keinen Fall beschuldigen. Die Motivation muss immer aus sich selbst herauskommen. Und als Führungskraft kann ich auch als erstes anfangen. Was kann ich dafür tun, dass sich der Konflikt zwischen euch beiden löst? Oder was kann ich dafür tun, dass wir diese Situation verändern? Und das kann sein, dass es einfach mal ein klärendes Gespräch braucht. Wenn ein Konflikt richtig ausgegoren ist und tatsächlich eine Konfliktmediation notwendig ist, dann ist meine Erfahrung, ich würde immer jemanden externes da reinholen.

Ich würde als Führungskraft, wenn ich nicht selber sehr große Fähigkeiten in dem Kontext habe, würde ich mich nicht selber in die Konfliktmediation begeben. Da kann ich sehr viel falsch machen Und da ich ja immer Teil des Systems bin und auch ein wichtiger Teil des Systems bin, glaube ich, ist es da tatsächlich schlau, sich jemanden zu holen, der das unterstützt. Und wenn natürlich ein Konflikt da ist, der eine ganze Situation wirklich langfristig vergiftet, ja, dann ist die schwierige und die schmerzhafte, aber doch dann meistens auch die gute Lösung, dass sich irgendeine Person aus dem Team rauslöst.

Stefanie Saß [00:34:41]:
Ja, denke ich auch. Es kommt auf den Konflikt wahrscheinlich drauf an, aber wenn das wirklich so lange fortgeschritten ist und da alle Lösungen, die man davor probiert hat, gescheitert sind, kann das dann der letzte, beste Schritt sein.

Stefanie Voss [00:34:52]:
Und zwar für alle Beteiligten, also auch für diejenigen, die in dem Konflikt drinstecken oder vielleicht auch für den einen, der es vielleicht ursprünglich sogar mal ausgelöst hat und der das ganz stoisch durchzieht. Menschen können eine ganze Menge wegdrücken über eine lange Zeit, aber gesund ist das natürlich auch nicht. Ich kenne niemanden, dem so etwas nichts ausmacht. Und auch wenn ich dann derjenige bin oder wenn ein Unternehmen dann hingeht und jemanden zum Beispiel mit einer Abfindung entsprechend aus dem Unternehmen gehen lässt, mit einem vernünftigen Paket, dann finde ich, ist das nicht nur fies, sondern das ist auch gut. Auch für die Person selber, sich irgendwo anders mit einem neuen Anfang, mit einem frischen Start irgendwie neu etablieren zu können. Ich hatte mal einen ganz, ganz krassen Fall. Ich habe eine Führungskräfteentwicklung gemacht im Unternehmen. Ich habe Interviews geführt mit 27 Führungskräften in dem Unternehmen und 26 von den 27 haben mir gesagt, wir haben hier ein Riesenproblem und das ist Herr X.

Und das 27. Interview war das Interview mit Herrn X. Und dann habe ich nur gedacht, das kann ja gar nicht sein. Und dann bin ich danach zum Geschäftsführer gegangen und habe gesagt, hören Sie mal, wieso holen Sie mich als Externen hier rein? Sie kennen Ihr Problem, Sie wollen von mir eine Analyse über ihre Führungsstrukturen haben, aber Sie wissen, Sie haben hier ein riesengroßes Problem sitzen und das ist Herr X und das muss Ihnen doch bewusst sein.

Und dann sagte der zu mir, ja, ja, ja, das ist mir auch bewusst, aber ich wollte mal wissen, was es sonst noch so ist. Und dann sag ich zu ihm, ich sag, das ist Herr X, Sie müssen sich von Herrn X meiner Meinung nach trennen. Das Thema ist so eklatant. Ja, das war ein Familienunternehmen und dann sagte der zu mir, ja wissen Sie Frau Voss, der Geschäftsführer, sagte, mein Vater hat Herrn X eingestellt und der war 20 Jahre lang sein persönlicher Referent. Und jetzt ist mein Vater in Pension gegangen, ich habe die Firma übernommen und ich kann Herrn X nicht raussetzen. Dann habe ich gesagt, ich glaube schon, dass Sie das können, ich glaube, das kostet Sie sehr viel Geld, wenn Sie das machen Und ich glaube trotzdem, dass es sich lohnt, weil Sie, solange Sie den hier durchschleifen, unbewusst noch viel mehr dafür bezahlen, dass es in Ihrer Organisation so viel Unruhe gibt.

Stefanie Saß [00:36:59]:
Ja, das denke ich auch. Das habe ich leider auch schon oft in der Praxis erlebt, dass oft eine einzige Person, oftmals ist es dann die Führungskraft, so viel kaputt machen kann am Unternehmen. Es gibt ja teilweise Kündigungswellen. Wenn man sich das dann eben vorstellt, was das alles auch kostet, die Menschen wieder nachzubesetzen, einzuarbeiten, wieder ein neues Team aufzubauen, was funktioniert. Da ist es dann wirklich besser, glaube ich mal, der Wahrheit ins Auge zu schauen und beispielsweise Herrn X dann irgendwie entweder rauszuschmeißen oder vielleicht ein Plätzchen für ihn zu suchen, wo er keinen Schaden mehr anrichten kann.

Stefanie Voss [00:37:29]:
Genau. Das ist die zweite Alternative. Und ich würde nie sagen, rausschmeißen. Ich würde immer sagen, sich von ihm zu verabschieden, dem Guten zu verabschieden. Und ja, wenn jemand lange im Unternehmen ist, dann kostet das natürlich sehr, sehr, sehr viel Geld bzw. Wenn ich es sozialverträglich machen möchte, dann muss ich den Leuten einfach einen vernünftigen finanziellen Puffer mitgeben, damit sie sich neu orientieren können. Und auf der anderen Seite, finde ich, ist das immer gut angelegtes Geld, weil ich natürlich nicht nur diese Kosten habe, sondern ich habe halt auch all die Kosten nicht mehr, die so einen Konflikt verursacht. Und Dadurch, dass das nicht so nachrechenbar ist, reden sich das Geschäftsführer und Führungskräfte oft schön im Sinne von, wenn ich den jetzt rausschmeiße, dann kostet mich das drei Jahresgehälter.

Wahnsinn. Und so habe ich ja keine Kosten, wenn der hier weiter arbeitet. Das stimmt natürlich nicht. Nur ich sehe diese Kosten nicht.

Stefanie Saß [00:38:19]:
Ja, guter und wichtiger Punkt. Ja, da waren ja wirklich richtig viele spannende Punkte dabei, Frau Forst. Wie kann man denn mehr über Sie erfahren oder wie kann man auch mit Ihnen in Kontakt treten? Also ich habe schon gesehen, Sie sind bei YouTube, Sie machen tolle Impulsvorträge, haben wahnsinnig tolle und große Kunden, auch für die Sie sprechen. Aber wie kann man am besten mit Ihnen Kontakt treten? Wie ist da der beste Weg?

Stefanie Voss [00:38:41]:
Ja, also der beste Weg ist natürlich, mich einfach mal zu googlen. Stefanie Voss, V-O-S-S. Mich da nicht zu finden, ist ziemlich schwer, weil ich im Netz doch ziemlich gut vertreten bin. Und ja, ich habe einen YouTube-Kanal, ich freue mich natürlich, wenn Menschen den abonnieren. Ich habe einen Blog, auf dem ich sowohl die Videos als auch ganz viele Artikel veröffentliche. Ich habe immer wieder so Sonderdinge, dass ich zum Beispiel E-Books schreibe zu einzelnen Themen. Ich bin in den gängigen sozialen Netzwerken zu finden. Also es ist ganz einfach, mich über verschiedene Wege zu kontaktieren.

Und wie gesagt, ich mache Einzelcoaching, ich mache sehr viel Teamcoaching im Moment. Die Corona-Zeit verlangt gerade ganz viel Neujustierung der Zusammenarbeit in Teams und Organisationen. Das ist gerade so der Schwerpunkt meiner Arbeit, einfach zu gucken, wie etablieren wir hier eine neue Normalität. Da freue ich mich natürlich auch, wenn es Anfragen gibt. Und meine Vorträge sind auf meiner Webseite alle beschrieben. Wer einen Impulsvortrag sucht, darf sich natürlich auch gerne bei mir melden. Und ja, ich freue mich einfach, wenn Menschen mit Fragen und mit Themen auf mich zukommen. Übrigens profitiere ich auch immer davon, wenn mir Fragen gestellt werden und ich damit neue Themen für meinen Videoblog habe.

Stefanie Voss [00:39:56]:
Also man kann mir auch einfach eine E-Mail schreiben und hoffen, dass ich dazu ein Video mache Und das wird in ziemlich vielen Fällen dann auch so sein.

Stefanie Saß [00:40:03]:
Sehr schön. Ja, dann teile ich auf jeden Fall super gerne die Links zu Ihren Seiten, dass man sich kontaktieren kann. Ja, und wer auch mal ein Einzelcoaching oder so in Erwägung zieht, ich glaube gerade für die erste Führungsrolle ist das eine gute Idee, sich dann nochmal extern Rat einzuholen.

Stefanie Voss [00:40:16]:
Ja, also Coaching lohnt sich natürlich oder Selbstreflektion im weitesten Sinne lohnt sich immer, immer, immer, immer. Gerade in Zeiten, in denen eine große Verunsicherung herrscht, ist Selbstreflektion die erste Pflicht, ich finde von uns allen, aber auf jeden Fall von Führungskräften. Und eben auch zum Thema Selbstreflektion gibt es verschiedene Angebote auf meiner Webseite, die auch, sag ich mal, kostenmäßig ein bisschen niedrigschwelliger sind, als direkt in Einzelcoaching zu gehen. Aber es lohnt sich immer, und da sind wir bei einem Punkt, den ich eben erwähnt hatte, den ich den wichtigsten finde, es lohnt sich immer, den guten Kontakt zu sich selbst herzustellen. Egal in welcher Karrierephase, in welcher Rolle, in welcher Situation ich bin, mit mir selbst mich zu unterhalten, Das ist das, was für mich immer so das Grundprinzip ist, und ich nenne das ja in meinen Artikeln, in meinen Beiträgen immer wieder, dieses Leader on my Ship zu sein, also das Steuer für mich in der Hand zu halten.

Stefanie Saß [00:41:13]:
Sehr, sehr spannend. Vielen, vielen lieben Dank für die Einblicke. Ich verlinke das alles und vielen Dank nochmal, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Frau Voss.

Stefanie Voss [00:41:20]:
Ja, sehr gerne und ich verlinke natürlich dann auch gerne Ihren Podcast, dass Sie auch davon profitieren, dass wir hier zusammen gesprochen haben und ja, bin sehr gespannt, welche weiteren Interviewpartner und Themen sie noch auf den podcast bringen ich habe da natürlich auch schon so ein paar richtig schöne und interessante Beiträge gehört und ja Gratulation auch ihnen zu dem super super guten Content

Stefanie Saß [00:41:42]:
vielen dank ja es bleibt spannend das war das Interview mit Stefanie Voss ich bin wirklich ganz beeindruckt wie proaktiv und initiativ sie ihr Leben von Anfang an in die Hand genommen hat und welche Tipps sie für uns über herausragende Führung hat. Alle wichtigen Links zu ihrem YouTube-Kanal, zu ihren Artikeln und auch zu ihrem Selbstcoaching-Angebot findest du in den Shownotes dieser Folge. Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Deine Stefanie.

Stefanie Voss mit Stift

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