STEUERST DU DEIN LEBEN?
Oder lässt Du andere steuern?

Interview mit Nicole Zätzsch: Freiraum für Führungskräfte

Stefanie Voss zu Gast bei Nicole Zätzsch

Interview mit Nicole Zätzsch: Freiraum für Führungskräfte - Stefanie Voss

Mehr Wagemut, weniger Konformität – was wir von Piraten über Führung lernen können.

Piratenführung: Was wir von Rebellen über Leadership und Selbstführung lernen können

Im Gespräch mit Nicole Zätzsch haben wir über die spannende Verbindung zwischen Piraterie und moderner Führung gesprochen. Wie haben Piraten ihre Anführer gewählt, und was können wir daraus für unsere eigene Selbstführung lernen? Warum ist Wagemut entscheidend für persönliche Entwicklung und Leadership? In diesem Gespräch geht es um den Mut, Konventionen zu hinterfragen und den eigenen Weg zu gehen.

➔ Die Piratenfrage: Würden dich deine Mitarbeitenden wählen?
➔ Wie Selbstführung hilft, Herausforderungen besser zu meistern
➔ Warum Wagemut im Alltag für mehr persönliche Freiheit sorgt

Hier geht es direkt zum Interview:

Links zu Nicole Zätzsch:

Instagram: https://www.instagram.com/nicole.zaetzsch/
LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/nicole-z%C3%A4tzsch-7a2a7178/

Transkript

Nicole Zätzsch [00:00:11]:
Herzlich willkommen zum Podcast Freiraum für Führungskräfte mit Nicole Zetsch. Schön, dass du wieder dabei bist, trotz der ewig langen Pause. Ja, du hast es vielleicht gemerkt, ich habe fast zwei Monate keinen Podcast mehr rausgebracht. Es lag nicht daran, dass es mir jetzt schlecht ging. Ich hatte einfach unfassbar viel zu tun und ganz, ganz schöne Projekte, von denen ich hier ja vorab schon berichtet hatte. Zum einen hatte ich gemeinsam mit meiner Kollegin Hede Kimme das wunderschöne Retreat Mehrwert an der Ostsee, was ein ganz, ganz tolle Zeit war. Drei Tage an der Ostsee in der Nähe von Travemünde mit Coaching-Impulsen zur Resilienz und vielen ganz praktisch orientierten Strategien für den Alltag aus der positiven Psychologie. Und Yoga haben wir auch gemacht.

Nicole Zätzsch [00:01:04]:
Und wenn dich das interessiert, dann schau gerne noch mal auf meiner Website, weil wir auch im September einen solchen Termin noch mal anbieten und der ist nämlich schon zur Hälfte ausgebucht. Von daher halt dich ran, schau drauf bzw. Kontaktiere mich sehr sehr gerne auch direkt, wenn du Interesse hast. Ja und das zweite große Projekt, was ich jetzt die ganze Zeit ganz intensiv betrieben hat und was mich einfach nicht zum Podcasten hat kommen lassen, war meine Stärkencoach-Ausbildung, die begonnen hat jetzt im Frühjahr. Dort habe ich gemeinsam jetzt mit sechs Teilnehmerinnen, es sind diesmal tatsächlich ausschließlich Frauen im Herbstdurchlauf, werden voraussichtlich jetzt auch einige Männer dabei sein. Und ja, gemeinsam mit dieser kleinen Gruppe von sechs Leuten, Coaches, Trainerinnen und vor allen Dingen auch Führungskräfte, lerne ich die Welt der Stärken kennen. Das heißt, ich kenne sie schon gut, aber ich vermittle diese Welt der Stärken und schule diese Runde darin, stärken Interviews zu führen, sowohl mit eigenen Mitarbeitenden als auch vor allen Dingen mit Coaches, also stärken Coachings durchzuführen, auf Basis von Diagnostik-Tools. Und auch da wieder, wenn es dich interessiert, schau gerne auf meine Website oder nimm gern Kontakt zu mir auf, weil da wird es einen zweiten Durchlauf, den nächsten noch in diesem Jahr geben, der im Herbst startet.

Nicole Zätzsch [00:02:35]:
Und auch da läuft die Anmeldefrist. So, genug des Werbeblocks, aber das halt auch als Erklärung, warum bei mir hier so lange Stille war, weil ich tatsächlich mich komplett fokussieren musste, neben meinem Coachingalltag und ja auch meinem Familienalltag das Ganze überhaupt auf die Reihe zu kriegen, weil das zwei Riesenprojekte für mich waren und sind. Ich hatte in der Zwischenzeit aber bereits zwei sehr, sehr schöne Interviews aufgenommen und freue mich wahnsinnig, dass ich jetzt heute die Zeit gefunden habe, diese endlich zu schneiden und für dich vorzubereiten. Das erste Interview möchte ich heute mit dir teilen Und da könnten wir heute auch sagen, es ist nicht Freiraum für Führungskräfte, sondern Freiraum für Piraten. Denn es geht die Piraterie. Es geht die spannenden Aspekte, was Piraten mit Führung, vor allem mit Selbstführung zu tun haben. Und da habe ich ein wunderbares Interview, wie gesagt, schon im Februar geführt mit Stefanie Voss. Wer Stefanie ist und was es mit dem Piraten auf sich hat, wird sie sich gleich selbst vorstellen.

Nicole Zätzsch [00:03:47]:
Und in Kürze kommt jetzt noch ein Interview raus mit Annika Rötters, da wird es ums Zeitmanagement gehen. Also bleibt dran, jetzt werden die Pausen wieder kürzer hier beim Podcast und das Thema Zeitmanagement steht unmittelbar bevor. Jetzt aber zu dem wunderbaren Interview mit Stefanie Voss und zu unserem Piraten. Wunder dich nicht, wenn ich total verschnupft klinge. Das war am Ende meiner Corona-Infektion, die ich auch durchgemacht habe, Anfang März, Ende Februar. Und ja, das hört man mir noch extrem an. Aber ich hoffe, es beeinträchtigt den Hörgenuss nicht so sehr. Viel Spaß mit Stephanie Voss und dem Piraten.

Nicole Zätzsch [00:04:34]:
Hallo Stefanie, schön, dass du heute dabei bist.

Stefanie Voss [00:04:37]:
Hallo Nicole, schön, dass du mich eingeladen hast.

Nicole Zätzsch [00:04:40]:
Ja, ich bin so happy, dass das jetzt endlich, endlich klappt, weil leider hat es ein bisschen gebraucht. Wir beide haben uns über LinkedIn kennengelernt. Ich hatte vorhin noch mal meine alten Nachrichten gescrollt, wie der Kontakt zustande kam. Und tatsächlich war ich auf dich aufmerksam geworden, weil du viel kommentierst und ich einen Kommentar von dir unheimlich schlau und gut gewählt fand. Und dann habe ich dich kontaktiert und dann hast du mir geantwortet und mich direkt neugierig gemacht. Und dann habe ich damals gesagt Mensch, wir müssen irgendwann mal ein Interview führen. Nämlich du hast mich neugierig gemacht, Stefanie, mit deinem Aspekt Business Mind Meets Pirate Soul. Da werden wir nachher noch mehr drauf eingehen, auf deine Piratenseele.

Nicole Zätzsch [00:05:29]:
Liebe Stefanie, Stell dich doch gerne mal ein bisschen selber vor. Wer bist du? Was machst du in deinem Leben? Was hast du vielleicht bislang gemacht auch vorher? Und wie kommst du zu den Piraten?

Stefanie Voss [00:05:40]:
Also ich bin erst mal Rheinländerin. Meine Persönlichkeit zu begreifen, sollte man das wissen. Das heißt, ich spreche gerne Leute an. Ich bin ein kontaktfreudiger Mensch. Der Rheinländer ist aufgeschlossen, fröhlich, grundoptimistisch und alles, das passt zu mir. Ich bin 47 Jahre alt, habe zwei Kinder und habe eine zweigeteilte berufliche Laufbahn, 15 Jahre Großkonzern. Und wenn man jetzt weiß, dass ich in Leverkusen geboren und aufgewachsen bin, dann braucht man nicht so lange, zu überlegen, bei welchem Großkonzern war sie denn nun. Und mittlerweile seit 13 Jahren bin ich selbstständig.

Stefanie Voss [00:06:16]:
Ich glaube, wir sind uns da beide durchaus ähnlich. Ich habe so einen Dreiklang aus Coaching, aus Vorträgen und aus Team- und Führungskräfteentwicklung.

Und dann gibt es noch so einen spannenden Twist in meinem Lebenslauf. Ich habe noch zu meiner Zeit, als ich noch bei Bayer angestellt war, habe ich ein Sabbatical gemacht, zu einer Zeit, als es das irgendwie noch gar nicht gab, und habe mir überlegt, ich möchte mal ein bisschen segeln gehen und habe auf einem Schiff angeheuert und bin ein Jahr die Welt gesegelt als Crewmitglied auf einem internationalen Segelschiff, 20 Meter lang, so 10 bis 15 Leute, bunt gemischte Besatzung aus verschiedensten Nationen, Alt und Jung, Männlein, Weiblein. Und deswegen bin ich zum Segeln und über das Segeln dann auch irgendwann auf die Piraten gekommen. Ich bin Piraten nicht begegnet, aber sie faszinieren mich und mittlerweile nicht nur aus seglerischer Perspektive, sondern auch aus Business Perspektive.

Nicole Zätzsch [00:07:08]:
Ja, wow, das hört sich schon mal super, super spannend an. Stefanie, auf das Segelboot, habe ich das richtig verstanden? Du hattest vorher mit Segeln gar nichts am Hut, aber hattest dann den Hut der Amtsvorherrin? Oder wie war das?

Stefanie Voss [00:07:19]:
Ja, ich habe eine familiäre Vorbelastung. Also ich bin vorher nicht gesegelt, das stimmt.
Ich habe aber dann einen Segelschein gemacht, kurz bevor ich auf diese Reise gegangen bin. Dazu muss man wissen, ich bin im Rheinland gewesen, in Deutschland, und ich bin aber dann für Bayern ins Ausland gegangen und habe zwei Jahre in Lateinamerika gelebt, in Buenos Aires in Argentinien. Und da hatte ich ja das Wasser vor der Tür. Buenos Aires liegt ja am Rio de la Plata. Dieser Rio, also Fluss, ist aber ja so breit, dass man da wirklich wunderbar segeln kann. Man sieht von Buenos Aires aus das andere Ufer gar nicht. Das ist wirklich wie ein kleines Meer vor der Tür. Dort habe ich gesegelt, weil in der Familie ist bei uns das Segeln ein Stück weit verankert.

Stefanie Voss [00:07:59]:
Mein Großvater war Segler und tatsächlich sogar auch Weltumsegler und der ist sogar alleine die Welt gesegelt, also Einhandweltumsegler nennt man das. Und ich habe immer gedacht, ach ja, so segeln wäre vielleicht auch mal was für mich, habe in Argentinien mit dem Segeln angefangen und ich bin dann tatsächlich auch in Argentinien losgesegelt. Ich bin von Argentinien zurück nach Deutschland, nach Hause gesegelt, aber eben nicht den direkten Weg über den Atlantik einmal hoch nach Europa, sondern quasi hintenrum. Also wenn du möchtest, könntest du sagen, ich habe den Beweis angetreten, Die Erde ist eine Kugel, man kann in die falsche Richtung segeln und kommt trotzdem am Ende da an, wo man ankommen möchte.

Nicole Zätzsch [00:08:39]:
Das war ja bestimmt auch schon eine ganz, ganz besondere Erfahrung, da mal rauszukommen aus deinem Joballtag und sowas mitzumachen und in so einer besonderen Situation sich zu befinden. Was waren da für dich vielleicht so ganz wichtige Erkenntnisse, die du mitgenommen hast?

Stefanie Voss [00:08:55]:
Also beim Segeln werde ich häufig gefragt, oh, ist das nicht anstrengend und schwierig und so weiter. Das Seglerische ist das am wenigsten Problematische. Vor allem, wenn man lange Strecken segelt und Passatwind segelt, dann ist es wirklich häufig so, ja fast so ein bisschen wie mit dem Auto auf der Autobahn. Wenn du einen sehr kontinuierlichen, gleichmäßigen Wind hast, dann ist Passatwind segeln extrem angenehm. Was schwierig ist, ist die zwischenmenschliche Konstellation an Bord. So ein 20 Meter langes Schiff ist klein. Also klein heißt eine Wohnfläche irgendwie Deck und Unterdeck 30, 35 Quadratmeter. Und wir waren eben mal 10, mal 12, aber auch mal 15 Personen.

Stefanie Voss [00:09:33]:
Und wenn du dir vorstellst, du sperrst dich mit 15 sehr unterschiedlichen Menschen auf 35 Quadratmetern über, ich sag mal, 14 Tage ein, dann ist einfach klar, dass das Zwischenmenschliche sehr herausfordernd ist. Und man arbeitet ja zusammen, man lebt zusammen, man kocht zusammen, man erlebt sich ja quasi hautnah und das auch mal unter ein bisschen stressigen und anstrengenden Bedingungen. Und das war die größte Herausforderung. Die habe ich ehrlich gesagt auch nicht auf dem Schirm gehabt, als ich mich zu dieser Reise entschieden habe, sondern ich bin da schön naiv reingestolpert, habe aber zwischenmenschlich, würde ich sagen, in den 14 Monaten, die ich unterwegs war, habe ich unfassbar viel über Menschen, aber vor allem ehrlich gesagt über mich selber gelernt.

Nicole Zätzsch [00:10:18]:
Ja, das kann ich mir vorstellen. Was davon konntest du später wie vielleicht dann einsetzen?

Stefanie Voss [00:10:23]:
Also ich würde ganz pauschal sagen, ich konnte alles einsetzen. Also erst mal das große Thema im Coaching, was ja immer noch ein bisschen belächelt wird, ist die Selbstreflexion. Also zu verstehen, dass ich ein Teil oder vielleicht auch der größte Teil meiner eigenen Probleme bin, das ist mir in dem Jahr sehr bewusst geworden. Dann auch nochmal wieder so eine Banalität, die aber ganz, ganz wichtig ist zu verstehen, dass eigentlich jeder Mensch das Gleiche will. Jeder möchte anerkannt werden, jeder möchte fair behandelt werden, jeder möchte natürlich auch irgendwie gerne gemocht werden, aber zumindest mal das Anerkennen und das Menschen auf Augenhöhe begegnen, ist die absolut wichtigste und unersetzliche Grundvoraussetzung, irgendwie gut miteinander klarzukommen. Ich hatte auf dem Schiff eine ganze Reihe von relativ schwierigen Konflikten, einen ganz besonders schwierigen, und ich habe es aber tatsächlich geschafft, diesen Konflikt so zu lösen, dass es okay war für mich und für die andere Konfliktpartei. Und das konnte ich nachher in so vielen verschiedenen Situationen nutzen. Also einfach immer wieder zu gucken, was braucht der andere, damit ich mit dem gut umgehen kann.

Stefanie Voss [00:11:32]:
Wie kann ich dem das irgendwie geben? Wie kann ich irgendwie Augenhöhe herstellen? Auch wenn ich die Ansichten, die Meinungen, den Auftritt, das Verhalten von jemandem ganz krude finde, kann ich irgendwie trotzdem Zugang auf Augenhöhe herstellen. Und ja, ich würde sagen, das war eine Lektion, die bei mir eben mit Mitte 20 kam, Ende 20, die war unfassbar wertvoll.

Nicole Zätzsch [00:11:55]:
Also. Ich kann mir vorstellen, fast so ein zwischenmenschlicher Inkubator. Du kannst nicht abhauen, Du musst miteinander klarkommen. Genau.

Stefanie Voss [00:12:04]:
Also die Alternative ist Selbstmord und Selbstmord ist immer eine doofe Alternative.

Nicole Zätzsch [00:12:09]:
Wie kam es dann, dass du den Schritt rausgewagt hast, Stefanie?

Stefanie Voss [00:12:13]:
Also der Schritt raus war tatsächlich ganz eng verknüpft mit der Geburt meines zweiten Kindes. Ich hatte zu der Zeit, als mein erster Sohn geboren wurde, eine Abteilungsleitung in der Unternehmenskommunikation. Ich war da sehr glücklich, hatte ein tolles Team und als mein zweiter Sohn geboren wurde, war einfach klar, dass das zeitliche Engagement, was ich gerne in meinen Job gesteckt hätte, mit dem zeitlichen Engagement, was ich gerne auch in meine Kinder und meine Familie investieren wollte, nicht vereinbar war. Und ich wollte nicht, nachdem ich zwei Jahre Abteilungsleitung gemacht habe, nachdem ich das gerne gemacht habe, nachdem ich mich da engagiert hatte, ich wollte irgendwie nicht zurückgehen joblich. Und dann war die Überlegung, okay, wenn ich nicht zurückgehe joblich auf irgendeine Referentenstelle, warum gehe ich dann nicht raus und mache was ganz Eigenes. Und dazu kam, dass ich auch in der Kommunikation schon viel moderiert hatte. Ich hatte Workshops konzipiert. Wir hatten aus der Unternehmenskommunikation heraus verschiedene Führungskräfteveranstaltungen gestaltet und wirklich auch durchgeführt.

Stefanie Voss [00:13:16]:
Und ich habe so gemerkt, dass mein Herz dafür schlägt und dann war die Überlegung, okay, ich mache mich jetzt selbstständig mit dem ersten Ziel weniger zu arbeiten und mit dem zweiten Ziel meine Leidenschaft für Workshops und für Kommunikation und für Kommunikationsberatung und für Coaching, das eben in einen Beruf zu gießen.

Nicole Zätzsch [00:13:34]:
Toll, Stefanie und in dem, was du tust, insbesondere auch als Rednerin, habe ich gesehen, du hast einen ganz, ganz aktiv gepflegten YouTube-Kanal, wo immer wieder, also auch für meine Hörer und Hörerinnen sicherlich spannend, immer wieder kleine Snippets, sozusagen kleine Einheiten zum Thema Führung und Selbstführung ja auch du produzierst. Bei all dem zieht sich, kann ich jetzt wahrnehmen, deswegen sprechen wir heute auch diese Aspekte oder diese Kombination mit der Piraterie durch unter der Überschrift Leader on my Ship, Business Mind meets Pirate Soul. Hol uns doch da mal rein, was heißt das?

Stefanie Voss [00:14:14]:
Also Ich glaube, dass es sehr schwierig ist, die Zukunft daraus zu sagen. Ich halte ja auch einen Vortrag zum Thema die VUCA-Welt, die volatile, unsichere, komplexe, mehrdeutige Welt. Ich glaube aber, dass es eine klare Sicherheit gibt. Und das ist immer meine Kernaussage. Konformität ist definitiv kein Erfolgsprinzip. Und da kommen so ein bisschen die Piraten her. Piraten waren unkonform. Das Image des Piraten ist ja auch so ein bisschen das Image des Rebellen, desjenigen, der den Status quo nicht respektiert, der Lust hat, Dinge anders zu machen.

Stefanie Voss [00:14:50]:
Und ich bin auf die Piraten nochmal aus Führungsperspektive gestoßen, weil Piraten, das wissen viele Leute nicht, Piraten haben ihre Anführer selbst gewählt. Also ein demokratisches Verständnis von Führung, was wir ja im Moment ganz modern finden, das ist gar nicht so wahnsinnig modern, das gab es schon vor ein paar hundert Jahren und das hat tatsächlich ziemlich gut funktioniert. Und dieses den Status quo hinterfragen, die Dinge anders machen, neue Möglichkeiten suchen und sich auch ab und zu mal ein bisschen stur und störrisch anzustellen, dieses ja auch in Deutschland doch immer noch sehr Verhaftete, haben wir schon immer so gemacht, das mal so ein bisschen aufzubrechen, dafür begeister ich mich, das ist ein großer Inhalt meiner Arbeit. Naja und Piraten waren natürlich auch Seefahrer, deswegen finde ich sie natürlich schon auch irgendwie faszinierend. Und das ist so die Verbindung Leader on my Ship, das Thema Selbstführung, Pirat sein, Rebell sein, nicht alles weitermachen, weil es immer schon so gemacht wurde, beherzt hinterfragen, auch mal aufstehen und mal den Unsinn, der in der Welt geschieht, in meiner Organisation, in meinem Team, in der Umwelt, den auch mal benennen. Das sind so die Dinge, die mich antreiben und bewegen. Und dazu passen die Piraten einfach gut.

Nicole Zätzsch [00:15:59]:
Ja, spannend. Jetzt würde mich interessieren für unser Format heute, Stefanie, wie können wir einen Teilaspekt, das ich kann mir vorstellen unter diesem großen Schirm passen ganz, ganz viele Themen, wenn wir einen Teilaspekt da mal rausziehen würden. Was würde sich anbieten für unser heutiges Gespräch? Das ist ja auch spannend, wenn du sagst, hier bei den Piraten wurde man als Anführer gewählt. Wäre das etwas, was wir uns mal anschauen könnten?

Stefanie Voss [00:16:29]:
Ja, Das ist auf jeden Fall eine gute Frage. Ist auch sehr praktisch. Benutze ich in praktisch jedem Führungskräfte-Coaching. Das Thema Selbstreflexion ist für alle Menschen wichtig, für Führungskräfte natürlich besonders wichtig. Und es gibt eine Frage, die die Piraten und die Selbstreflexion ideal miteinander verbinden. Und die Frage lautet ganz einfach, als Führungskraft stell dir vor, deine Mitarbeiter hätten die Wahl. Würden sie dich eigentlich zu ihrem Anführer wählen? Wenn ja, warum? Und wenn nein, warum nicht? Mit der Frage bin ich mittendrin in tiefster, bester, umfangreichster Selbstreflexion. Und natürlich kann ich die Frage auch in Bezug auf meine eigene Führungskraft nach oben stellen.

Stefanie Voss [00:17:10]:
Wenn es mir schwer fällt, erst mal über mich nachzudenken, kann ich auch hingehen und sagen, okay, wenn ich mir jetzt als Führungskraft meine Chefin oder meinen Chef angucke, würde ich die eigentlich wählen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Und wenn ich dann überlege, was macht denn gute Führung aus, dann kann ich ja wieder zurück zu mir schauen und sagen, was zeige ich eigentlich meinen Mitarbeitern für Führungsverhalten? Ist das angemessen? Ist das gut? Ist da noch Verbesserungspotenzial? Und ich könnte natürlich auch noch weitergehen und sogar meine Mitarbeiter mal fragen, würdet ihr mich eigentlich wählen? Was schätzt ihr eigentlich an mir? Was sollte ich tun? Was sollte ich lassen? Also mit dieser Piratenfrage der Führung, so nenne ich die gerne, bin ich mitten in einer wunderbaren, sehr ausführlichen Selbstreflexion und ich rate immer den Menschen, die meine Vorträge besuchen, aber natürlich auch meinen Coaching-Klienten, stellt euch immer wieder diese Frage.

Nicole Zätzsch [00:18:00]:
Finde ich einen sehr, sehr schönen Ansatz, eine sehr schöne Frage. Das heißt, wenn die Hörer und Hörerinnen das jetzt auf sich selbst anwenden möchten, sich mal selber zu fragen, im ruhigen Moment vielleicht auch zu notieren, darunter zu schreiben, würden meine Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen nicht wählen, hätten sie die freie Wahl. Und wenn ja, warum, was sind die Gründe dafür und wenn nein, warum nicht.

Und dann habe ich verstanden, hilft der Blick nach oben auch nochmal.
Also die meisten von denen werden ja auch noch mal von der obersten Führungsebene vielleicht geführt. Wer ist da sozusagen vielleicht ein positives Role Model? Also warum hätte ich denjenigen gewählt oder diejenige gewählt und welche Qualitäten sind das oder was brauche ich davon vielleicht auch noch?

Stefanie Voss [00:18:51]:
Genau, und letztendlich das, wovor Menschen immer Angst haben, dass Führung, man muss ja nett sein, gemocht zu werden von seinen Mitarbeitern. Man muss es allen Recht machen. Das ist Quatsch. Also Menschen haben ein extrem gutes Gespür dafür, welche Art von Führung gut und richtig ist. Es ist nicht der Netteste, die beste Führungskraft. Es ist auch nicht der, der es allen Recht macht, die beste Führungskraft, sondern Menschen spüren schon, sie möchten jemanden haben, der natürlich, ich sag mal, anderen Menschen erstmal respektvoll und auf Augenhöhe begegnet, ganz klar. Also eine Persönlichkeit, die unterschiedliche Menschen je nach ihrer, ich sag das jetzt mal, sozialen Einklassifizierung unterschiedlich behandelt, hat schon mal in Sachen Führungsqualitäten ganz schön verloren, weil das macht man einfach nicht. Wir nehmen jeden Menschen auf Augenhöhe erst mal so an, wie er ist.

Stefanie Voss [00:19:43]:
So Grundsatz Nummer eins. Nummer zwei nett sein. Nein, fair ist viel wichtiger. Ich muss nicht zu allen nett sein, ich muss nicht zu allen im Jahr und Abend sagen, aber ich muss Menschen in irgendeiner Form fair behandeln. Und, und das finde ich ist auch noch mal ganz wichtig, gerade in der heutigen Zeit, wir kommen ja aus einer Zeit, das kennst du sicherlich auch noch aus deiner Industrieerfahrung, so die starke Führungskraft und Teflon und ich glaube, dass die Menschlichkeit und auch das Angefasstsein, wenn es angemessen ist, persönlich angefasst zu sein, emotional zu reagieren und auch mal Emotionen zu zeigen. Ich glaube, dass das auch eine Qualität ist, die Menschen sehr schätzen.

Nicole Zätzsch [00:20:22]:
Absolut und noch mehr schätzen gelernt haben, ist meine Erfahrung jetzt in den letzten zwei Jahren, ab der Corona-Krise, weil wir selbst ja weitaus angegriffener sind und dann einfach das auch Verbindung schafft, also da eine Durchlässigkeit irgendwo auch zu zeigen.

Stefanie Voss [00:20:37]:
Ja, genau. Und dass ich persönlich angefasst bin, dass es mich emotional betrifft, dass ich auch mal zeige, wenn ich wütend bin, wenn ich traurig bin, wenn ich verletzt bin, nicht im Übermaß und nicht mit einer Überforderung meines Umfeldes, aber doch so, dass es sichtbar ist. Ich glaube, dass das auch etwas ist, was sich ja Gott sei Dank in Führung unglaublich verändert hat und was aber Führungskräfte auch einfach herausstechen lässt. Weil, und da sind wir wieder bei der Selbstreflexion, den Mut zu haben, mich so zu zeigen, wie es mir wirklich gerade geht, muss ich schon gut bei mir sein und muss ich ein reflektierter Mensch sein. Wie die so immer ganz glatt und ganz kontrolliert nach außen sind, sind Menschen, die zumindest bei mir auch erst mal ein gewisses Misstrauen auslösen nach dem Motto, was will der mir nicht zeigen?

Nicole Zätzsch [00:21:19]:
Ja, was hat er vielleicht zu verstecken? Stichwort auch, das passt ganz gut zu einer Frage, die ich die ganze Zeit noch im Kopf habe, zu dem Aspekt, dass würden meine Mitarbeiter mich eigentlich wählen und ich stelle vielleicht die Frage. Ich hatte in einem der letzten Podcast auch mit einem Kollegen gesprochen, mit dem Markus Jotzow, der sehr den Leuten ans Herz legt, macht doch mal eine Mitarbeiterbefragung und ganz konkret auch den Leuten mit, welche Fragen sie stellen sollen. Ich erlebe in meiner Coaching Praxis, dass die Skepsis vor einer solchen Frage an die eigenen Mitarbeiter groß ist und da kommt das mit dem Verstecken, weil einfach die Angst zu scheitern, die Angst auch vor der Ablehnung relativ groß ist. Ich meine, jetzt könnte man sagen, naja, wenn jemand schon die Angst hat, dann kann er sich doch denken, dass was nicht stimmt. Ja, das aber direkt rückgemeldet zu bekommen und wie gehe ich dann auch nochmal damit wenn es tatsächlich ausgesprochen ist, ist ja auch ein Aspekt. Was kannst du da aus deiner Erfahrung vielleicht auch noch mal reingeben? Wie kann ich als Führungskraft, wenn ich den Mut hatte, jetzt auch mein Team zu fragen, sei es in einem moderierten Workshop oder im Einzelgespräch, gibt mir doch mal Feedback. Wie empfindet ihr das? Was wünscht ihr euch? Und es kommt offenes, konstruktives, aber knallhartes Feedback zurück, mit dem ich vielleicht erstmal nicht nur schlucken muss, sondern kaum umgehen kann. Menschen sind ja auch da verschieden. Was wäre da so dein Tipp? Wie kann ich damit als Führungskraft gut umgehen?

Stefanie Voss [00:22:50]:
Also erstmal hast du einen ganz wichtigen Aspekt genannt, ich würde so einen Prozess immer moderiert angehen. Ja, ich würde es nicht selber versuchen. Wenn ich schon das Gefühl habe, es ist schwierig, dann würde ich auf jeden Fall auf eine professionelle Moderation zurückgreifen. Und zwar einmal, den Prozess möglichst konstruktiv zu gestalten, aber auch, dann die Verarbeitung der Ergebnisse für mich nicht erträglicher, aber doch konstruktiver zu machen, sage ich jetzt mal, damit ich jemanden an meiner Seite habe, der mich auf jeden Fall rausholt, aus der das stimmt alles nicht Schleife und ich gehe auch dann gerne mal in so eine Negierung. Nein, das sehen die alles falsch und ich habe ja überhaupt den viel besseren Blick und so weiter. Also auf jeden Fall eine Moderation an der Seite. Und was ich immer wichtig finde im Coaching, genauso wie in der Teamentwicklung, dass wir sehr verhaltensorientiert arbeiten. Also sprich, wirklich, ich versuche auch, wenn ich in Teams arbeite und es gibt Schwierigkeiten, wirklich immer wieder runterzugehen auf die Verhaltensebene.

Stefanie Voss [00:23:46]:
Also was ist genau das, was die Führungskraft, Frau X oder Herr Y, was die sagen oder was die machen, was euch irritiert? Dann kommen ja oft so Sachen, ja, was wünschen Sie sich anders? Ja, wir wünschen uns mehr Kommunikation. Dann sage ich immer, ja, mehr Kommunikation, das ist Wischi-Waschi-Hochzehn.

Nicole Zätzsch [00:24:03]:
Auch der Dauerbrenner, da kann ich mich aus meinen Zeiten erinnern.

Stefanie Voss [00:24:07]:
Und was heißt das denn? Mehr Information, immer. Ja, und da muss man einfach mal fragen, was heißt das denn? Möchten Sie jeden Tag eine E-Mail bekommen? Möchten Sie zweimal in der Woche einen Joe-Fix haben? Möchten Sie jeden Morgen ein 15-minütiges Stand-up-Meeting haben? Was heißt denn mehr Information? Was heißt das denn konkret? Also eine Moderation kann dann auch dazu führen, dass ich sehr verhaltensorientiert und konkret mit den Leuten arbeiten kann. Und das ist, finde ich, immer so der wichtigste Trick, damit es auch was bringt, weil je konkreter ich in der Verhaltensdefinition werde, die ich verändern möchte, desto messbarer ist auch der Erfolg. Vielleicht noch ein Ansatz, der auch im Coaching funktioniert. Ich habe gerade ein sehr großes Coaching-Projekt abgeschlossen, bin im Abschluss, wo ich mit verschiedenen Leuten, mit verschiedenen Coaching-Klienten völlig offen gearbeitet habe. Heißt, was diese Leute im Coaching bearbeiten sollen, Das habe ich mit denen selber im Vorhinein gar nicht besprochen, sondern jeder hat seine Umfeld benennen. Mit diesen fünf habe ich Einzelgespräche geführt und habe gesagt, so wenn ich jetzt Frau Y coache, was wünschen Sie sich denn als Coaching-Ergebnis? Was sollte sie denn aus Ihrer Ansicht verändern?

Und mit diesen fünf Interviews bin ich in den Coaching-Prozess gegangen. Und wenn du so einen offenen Ansatz hast, dann ist ja auch bei Frau Y eine unglaublich hohe Motivation da, aus dem Coaching auch was rauszuholen, denn die anderen wissen ja jetzt, dass sie im Coaching-Prozess ist. Also die Transparenz führt natürlich schon auch, also du brauchst mutige Leute, die das machen, aber sie führt zu einer Messbarkeit, sie führt zu einem hohen intrinsischen Druck, wirklich an sich zu arbeiten und auch der Abschluss läuft dann wieder so, dass die fünf wieder gefragt werden, hat sich was verändert.

Nicole Zätzsch [00:25:52]:
Okay und jetzt empfange ich als die Führungskraft ein massiv negatives, also ich versuche mich da mal rein zu finden, ein massiv Negatives Feedback und gehe dadurch vielleicht erstmal innerlich in mein Schneckenhaus. Du sagtest vorhin schon, vielleicht in so eine Rechtfertigung dann rein oder so, aber wie schaffe ich es, dafür gibst dich natürlich als Coach dann in so moderierten Prozess, aber wie schaffe ich, welchen Tipp kannst du sozusagen als Coach auch der Führungskraft geben, da wieder aus diesem Schneckenhaus rauszukommen, aus diesem vielleicht Rechtfertigungswunsch, Bedarf und da wieder in eine konstruktive Auseinandersetzung reinzufügen.

Stefanie Voss [00:26:34]:
Also letztendlich erkläre ich den Leuten immer wieder, dass es doch schon mal ein erster und wirklich guter und wichtiger Schritt ist und auch eine Anerkennung ihrer Qualität als Führungskraft, wenn Menschen sich überhaupt trauen, solche Kritik zu äußern. Ja, weil wenn nämlich gar nichts zurückkommt, ist das viel schlimmer, als wenn Kritik zurückkommt. Wenn gar nichts zurückkommt, dann sind wirklich, also wenn man weiß, eigentlich funktioniert es nicht, aber keiner sagt was, dann weißt du, dass du wirklich ein riesengroßes Problem hast. Und wenn die Leute schon sich trauen, was zu sagen, heißt es ja auch, sie trauen ihrer Führungskraft zu, ihr Verhalten zu verändern. Und wenn ich dann als Begleitung sehr verhaltensorientiert arbeite, dann sind es manchmal so ganz banale Dinge, die verändert werden müssen. So was Banales wie, hören Sie auf, Ihre Mitarbeiter zu unterbrechen, wenn die sprechen. Und manchmal mache ich es sogar als Coach so, dass ich mich mit in, als sozusagen Mäuschen, in eine Besprechung reinsetze und zuhöre. Oder aber gute Führungskräfte, gute Coaching-Klienten, die gehen hin und beginnen ein Gespräch und sagen, ich habe mir für dieses Gespräch vorgenommen, Sie heute weniger zu unterbrechen.

Stefanie Voss [00:27:39]:
Ich weiß, dass das mein Schwachpunkt ist. Wenn ich das mache, bitte klopfen Sie kurz auf den Tisch, machen Sie mich darauf aufmerksam, weil ich selber manchmal so in Rage bin, dass ich das nicht merke. Ich weiß, dass ich das verändern möchte. Ich brauche dazu Hilfe von draußen. Erinnern Sie mich bitte daran.

Nicole Zätzsch [00:27:54]:
Schöner Tipp. Toll.

Stefanie Voss [00:27:56]:
Aber immer, und das ist der Trick, ganz konkret, also nie, kommunizieren sie besser oder seien sie nicht so autoritär. Ich frage dann immer, was heißt autoritär sein? Ja, laute Stimme. Ich sage, okay, laute Stimme immer oder laute Stimme bei bestimmten Dingen? Ja, laute Stimme und unterbrechen. Ah, unterbrechen auch. Okay, dann sage ich, gut, das heißt doch, das konkrete Ziel könnte sein, weniger unterbrechen und Stimmlage nicht so laut, sondern leiser. Ja, gut, das sind zwei konkrete Dinge, mit denen können wir arbeiten. Und manchmal ist es ja, es ist ja so banal und doch so wichtig, manchmal ist es einfach nur so, dass jemand mal aufhören muss, jeden Satz mit Ja aber zu beginnen oder eben weniger zu unterbrechen oder einfach jedes Argument anzufangen mit ich habe verstanden, was sie gesagt haben, Für sie ist das und das wichtig und statt aber ich habe den und den und den Punkt. Und zack fühlen sich die Leute verstanden und können mit einer, ich sag mal, durchgezogenen Entscheidung, dafür sind Führungskräfte ja nun mal auch da, und können damit besser umgehen, wenn sie zumindest das Gefühl haben, ich wurde aber gehört.

Nicole Zätzsch [00:29:04]:
Toll. Danke dir, Stefanie. Da auf einem Schwung oder in einem Schwung sozusagen ganz, ganz viele tolle Tipps, ausgehend von dem Aspekt bei den Piraten, haben die sich ihre Anführer gesucht, indem sie sie gewählt haben und die Anregung zu der Frage, hätten, würden mich meine Mitarbeitenden eigentlich wählen und dann auch mit der entsprechenden Kritik umzugehen. Auf deiner Seite, Stefanie, hatte ich auch so dieses Stichwort gelesen irgendwo, Pirat oder Beute? Was kannst du uns dazu noch sagen? Das hat mich auch neugierig gemacht.

Stefanie Voss [00:29:42]:
Ja, also wenn man sich die Piraten anguckt, jetzt sagen wir mal klassisch das goldene Zeitalter der Piraterie, so 1650 bis 1720 in der Karibik, da muss man wissen, dass nicht unbedingt die Piraten Kapitäne, aber doch die einfachen Piraten waren fast alles ganz normale Seeleute, die eigentlich aus der Handels- oder Kriegsmarine kamen. Das waren Menschen, die in ihrem normalen Beruf und normal, setze ich jetzt mal in Anführungsstrichen, in ihrem normalen Beruf unter miserabelsten und furchtbarsten Bedingungen gearbeitet haben und die sich für die Piraterie entschieden haben, nicht unbedingt aus diesen romantischen Vorstellungen, ich werde steinreich, ich kann jetzt alle möglichen Kehlen durchschneiden und meinen sadistischen Bedürfnissen nachkommen. Nein, das waren Menschen, die sich einfach entschieden haben, dass dieses unfassbar miserable Leben an Bord eines Handels- oder Kriegsschiffes keine Option mehr für sie ist und die sich gesagt haben, lieber werde ich Pirat. Ja, das wird überall auf der Welt mit der Todesstrafe bestraft, aber zumindest habe ich ein selbstbestimmtes Leben. Und das ist dieses Pirat oder Beute. Sie haben sich aufgrund einer, ja doch am Ende einer Werteentscheidung für das Piratenleben entschieden. Sicherlich haben sie auch alle gerne Beute gemacht und Rum getrunken und ihr Geld verprasst und alles das, was irgendwie im Image eines Piraten dazugehört. Aber am Ende war es meistens erst mal eine Grundsatzentscheidung, ich gebe mich mit dem Status quo nicht zufrieden, sondern ich verändere ihn, auch wenn das eine sehr weitreichende und schwierige Entscheidung ist.

Stefanie Voss [00:31:16]:
Aber ich möchte nicht länger Beute sein, sondern ich möchte lieber Pirat sein und mein Leben ein Stück weit zumindest selbst in die Hand nehmen.

Nicole Zätzsch [00:31:24]:
Also heutzutage Love it, Change it or leave it. Der Appell zur Eigenverantwortung und selbst die Steuerrat wieder in die Hand zu nehmen für dein Leben.

Stefanie Voss [00:31:31]:
Genau und heute ist es ja so, damals mussten diese Menschen wirklich ihr Leben riskieren, also wer Pirat war, wurde einfach verfolgt und gehängt und heute ist es so viel einfacher und dennoch verharren ja so unglaublich viele Menschen mit so einer Haltung im Status quo, so ist es halt und so war und da was soll ich denn machen und ich kann doch nichts machen und naja wir haben ja auch Piraten der Gegenwart, die immer wieder zeigen, dass manchmal mit sehr kleinen Schritten doch eine ganze Menge möglich ist und ich möchte die Menschen animieren, doch so ein bisschen mehr den Piraten in sich zu entdecken. Ich muss nicht alles hinschmeißen, ich muss nicht die Welt revolutionieren, aber ich kann doch an ganz vielen, ganz, ganz vielen kleinen Stellen ansetzen und meinem Leben mehr meinen eigenen Stempel aufdrücken. Und das ist das, was ich so damit meine. Du bist nicht die Beute der Umstände. Du hast immer Einfluss auf die Umstände und du musst auch nicht immer alles hinschmeißen und alles revolutionieren. Fang doch mal mit den kleinen Dingen an und schau mal, wie weit du damit kommst. Aber es geht immer mehr, als wir glauben.

Nicole Zätzsch [00:32:33]:
Du sprichst mir aus dem Herzen. Sehr, sehr, sehr schön über dieses Bild auch dargestellt. Und Stefanie, wenn jetzt jemand so auf sein Leben guckt und sagt, Mensch, phasenweise bin ich wirklich weit aus mehr Beute. Und jetzt habe ich das hier gehört mit Stephanie und habe irgendwie, bin der Ansicht muss, muss was ändern. Es ist ja auch immer wieder aktuell jetzt hier die Diskussion, Arbeit soll nicht nur das Konto füllen, soll nicht nur unsere Sicherheitsbedürfnisse abdecken, sondern es soll auch noch Sinn machen. Wie siehst du das?

Stefanie Voss [00:33:09]:
Also ich finde es schon wichtig, dass ein menschliches Leben mit Sinn gefüllt ist. Ganz, ganz klar. Die Frage ist, muss die Arbeit das alles liefern? Ich finde, es gibt ein Sinnkonto und es gibt ein Geldkonto und die allermeisten von uns brauchen auf jeden Fall irgendwie was auf dem Geldkonto, weil da nicht genug ist, lauerhaft klarzukommen. Und wenn unser Job okay ist und wenn wir den vernünftig machen können, wenn der jetzt aber nicht die riesen Sinnerfüllung mit sich bringt, dann kann ich auch sagen, ich mache den Job und den Sinn suche ich mir woanders. Sei es, dass ich mich ehrenamtlich engagiere, sei es, dass ich Zeit für die Familie habe, sei es, dass ich mich einem Hobby widme, was auch immer das sein mag. Natürlich gibt es auch Jobs, die alles bringen. Über meinen Job kann ich sagen, ich habe sehr viel Freude damit, ich verdiene damit Geld und ja, ich finde den auch wahnsinnig sinnvoll. Aber ich glaube, dass ich schon eher die Ausnahme bin.

Stefanie Voss [00:34:01]:
Ich glaube, die allermeisten Menschen machen einen Job, der ist okay, bei dem bleiben sie gesund, den können sie gut machen, aber der ist jetzt nicht irgendwie mit Prickelfaktor versehen und dann muss ich mir eben meinen Sinn woanders suchen und muss mein, meine, ja das Gefühl, dass ich irgendwie doch was verändere in der Welt oder dass ich irgendwie sinnvolle Dinge tun, das kann ich mir an so vielen anderen Stellen suchen. Schön, wenn es im Job funktioniert, es muss aber nicht immer der Job sein, der alles liefert. So sehe ich das.

Nicole Zätzsch [00:34:32]:
Ja, das hat ja auch was Entlastendes, wenn du das sagst, weil mein Eindruck ist, wenn man jetzt bewegen wir beide uns sicherlich auch in der Blase durch diese Coaching Geschichten, aber gerade auch auf LinkedIn und anderen Kanälen liest man ja immer mehr, dass auch unbedingt dieser Sinn da noch gegeben sein muss. Und ich erlebe viel bei meinen Klienten und Klientinnen, dass dadurch auch ein enormer Druck entsteht. Also von daher, ja, die Frage Pirat oder Beute ist eine wichtige, dass man nicht auf Dauer praktisch Beute oder in der Opferhaltung bleibt, aber schaut, wie kann ich vielleicht das Sinnkonto auch auf andere Art und Weise neben dem Job noch füllen.

Stefanie Voss [00:35:11]:
Ja, ich komme natürlich als Weltumseglerin, komme ich natürlich auch viel mit dieser Bubble in Kontakt von Leuten, die mir so alles hinschmeißen und jetzt drei Jahre mit dem Rucksack die Welt touren und so weiter, wo ich immer denke, ja, das ist schön und ich habe das ja auch gemacht. Aber das ist natürlich für die allermeisten Menschen mit einem gewissen Maß an Verantwortung für Kinder, Partner, Eltern und ähnliches total unrealistisch. Und ich finde es auch furchtbar, denen dann zu sagen, ja, ihr könnt ja gar nicht glücklich leben, weil wenn man glücklich leben will, dann muss man ja mit dem Rucksack freiheitlich durch Australien marschieren oder so was. Ich glaube, dass überall es möglich ist, Sinn zu finden, im Alltag, an ganz vielen Stellen und eben auch außerhalb des Jobs. Und das, was ich den Menschen immer sage, ist, was die Piraten ja so auszeichnet, so ein Begriff, der auch in meinem Vortrag ganz viel stattfindet, ist der Begriff Wagemut. Ich glaube, wenn wir an den verschiedenen Stellen im Alltag einfach mal eine Ecke wagemutiger werden und mehr das machen, was uns wirklich gerade entspricht, aber vielleicht ein bisschen ungewöhnlich oder unkonventionell ist, dann erzeugen wir Gänsehautmomente und Gänsehautmomente sind Sinnmomente.

Nicole Zätzsch [00:36:20]:
Schön ausgedrückt, ganz schön. Stefanie, das leitet wunderbar meine drei letzten Fragen, die ich immer am Ende stelle, über. Du hast sie vielleicht schon im Ansatz gerade eben so ein bisschen beantwortet. Die erste Frage ist, womit schaffst du dir ganz persönlich mehr Freiraum in deinem Leben, in deinem Alltag?

Stefanie Voss [00:36:37]:
Ich nehme die Selbstfürsorge sehr, sehr ernst und sicherlich gibt es Momente, in denen das auch egoistisch aussieht Und ich habe aber für mich entschieden, dass eine gesunde Form von Egoismus für mich die Grundvoraussetzung dafür ist, dass ich überhaupt für andere das leisten kann, was ich leiste. Und ich gönne mir meinen Egoismus.

Nicole Zätzsch [00:36:57]:
Sehr schön. Mehr Pirat, weniger Beute.

Stefanie Voss [00:36:59]:
Mehr Pirat, Genau.

Nicole Zätzsch [00:37:03]:
Sehr gut. Und welche Stärke an dir schätzt du besonders? Was ist deine Lieblingsstärke?

Stefanie Voss [00:37:08]:
Meine Lieblingsstärke an mir ist, dass ich es unglaublich einfach habe, auf andere Menschen zuzugehen. Ich quatsche jeden an, frage mal meine Familie, die findet nicht, dass das nicht stärker ist, die findet das manchmal peinlich. Aber ich habe einen unglaublich guten Zugang zu Menschen und ich bin neugierig und ich frage und lächle und ich glaube, kann auch ganz gut Menschen für mich einnehmen und ich habe einfach schon so unfassbar viele tolle, interessante, unterschiedliche Menschen kennengelernt. Also ich wäre auf einer einsamen Insel, ich kann eigentlich auch gut allein sein, aber langfristig wäre ich auf einer einsamen Insel echt verloren.

Nicole Zätzsch [00:37:49]:
Sehr schön, das ist die Kontaktfreude nach dem Clifton Strength, im Englischen Winning Others Over, ein wunderschöner Begriff. Wooweeing. Wunderbar. Ja Und die letzte Frage, Stefanie, wofür bist du heute dankbar?

Stefanie Voss [00:38:04]:
Heute bin ich dafür dankbar, wie schon häufiger in meinem Leben, dass ich in Deutschland wohne, in einem demokratischen Land, in dem Viele Dinge sicherlich nicht so gut laufen, aber indem wir ein rechtsstaatliches System haben, auf das ich immer noch das Gefühl habe, dass ich mich darauf verlassen kann. Und ich bin unglaublich dankbar, dass wir Politikerinnen und Politiker haben, die ihre Lebenszeit, ihre Energie darin investieren, dieses Land gut zu manövrieren.

Und ich finde, gerade jetzt in der aktuellen Situation habe ich Hochachtung und Respekt vor den Leuten, die wir sehen, aber auch vor den vielen dahinter in den Ministerien, im Bundestag und so weiter, die wir nicht sehen, die wahrscheinlich seit Wochen 24 Stunden arbeiten, dafür vernünftig, aber auch nicht übermäßig bezahlt werden und die einfach diese Bürde der schwierigen vielen Entscheidungen tragen für uns als Volk und dass ich in so einem Land geboren wurde und hier leben darf, dafür bin ich heute sehr dankbar.

Nicole Zätzsch [00:39:05]:
Danke dir, Stefanie. Schöne Worte zum Abschluss, kann ich sehr so teilen. Danke für dieses wunderbare Gespräch, deine Impulse, die unheimlich erfrischend waren. Und wer mehr von dir wissen mag, ich werde natürlich deine Seite in den Show Notes teilen und habe vorhin im Vorgespräch auch von dir erfahren, dass ein Buch in Vorbereitung ist. Also wer mehr über Piraten, die Piratenseele wissen möchte, Business Mind, wird dabei auch mehr versorgt werden.

Stefanie Voss [00:39:34]:
Ja, das wird noch ein bisschen dauern. So ein Buchprojekt ist ja ein sehr, sehr großes Projekt, aber irgendwann wird es dann soweit sein. Und ansonsten, wenn man mich googelt, ist es ganz schön schwierig, mich nicht zu finden. Ich bin im Internet ziemlich gut präsent und freue mich einfach, wenn Menschen Lust auf meinen Content haben, sich mit mir vernetzen. Wie gesagt, ich bin gerne mit Menschen in Kontakt und aus so schönen LinkedIn-Kontakten wie dem mit dir wird dann auf einmal ein Podcast-Interview.

Nicole Zätzsch [00:39:57]:
So ist es. Herzlichen Dank Und ich wünsche dir eine wunderschöne sonnige Woche und hoffe, dass wir vielleicht noch ein paar positive Nachrichten diese Woche in der allgemeinen Weltlage erfahren werden.

Nicole Zätzsch [00:40:11]:
Ja, ich hoffe, du konntest auch ganz viel aus diesem Interview mitnehmen, so wie ich. Wenn du Lust hast, vernetze dich gerne mit mir auf Instagram, auf LinkedIn. Ich freue mich jederzeit über dein Feedback zu diesem Podcast, über Ideen und Anregungen und ich würde mich wahnsinnig freuen, dich vielleicht in einem anderen Kontext auch zu erleben oder zu treffen. Dafür bietet sich zum Beispiel das Mehrwertretreat an oder vielleicht hast du sogar Lust, dich zum stärken Coach ausbilden zu lassen oder Interesse an einem Coaching. Dann komm gerne auf mich zu, ich freue mich auf Dich. Und bald gibt es wieder hier auf diesem Kanal den nächsten Podcast. Diesmal dauert es nicht so lang. Deine Nicole

Stefanie Voss mit Stift

KEINEN BEITRAG MEHR VERPASSEN!

Der Newsletter liefert Dir jeden zweiten Dienstag gute Tipps für Business und Karriere. Natürlich kostenlos, aber hoffentlich nicht umsonst.