Stefanie Voss zu Gast beim Podcast PantaRay / Cosmic Cine TV von Alexander Kühn

Die Piratenstrategie zeigt, wie du durch Wagemut und Selbstbestimmung deinen eigenen Weg findest und Herausforderungen in echte Chancen verwandelst.
Wagemut, Selbstbestimmung und die Kunst, mutige Entscheidungen zu treffen
In dieser Folge des Panther Ray Podcasts spreche ich über meine Weltumsegelung und die Erfahrungen, die mich geprägt haben. Die Piratenstrategie ist für mich nicht nur ein Buch, sondern eine Lebensphilosophie: Wagemut, Selbstbestimmung und die Bereitschaft, sich selbst immer wieder neu herauszufordern. Ich erzähle von den Höhen und Tiefen meiner Reise, den Konflikten und Lektionen, die mich geformt haben, und warum die größten Herausforderungen oft die wertvollsten sind.
Worum geht es?
- Wie mich meine Weltumsegelung zur Selbstreflexion und persönlichen Entwicklung geführt hat.
- Warum Konflikte an Bord meine Sicht auf Leadership und zwischenmenschliche Beziehungen verändert haben.
- Wie die Prinzipien der Piratenstrategie dabei helfen, mutige Entscheidungen zu treffen und aus Routinen auszubrechen.
Ein großes Dankeschön an Alexander, der als Gastgeber des Panther Ray Podcasts einen offenen Raum für inspirierende Gespräche schafft. Mit seinen gezielten Fragen hat er mich dazu gebracht, tief in meine Erfahrungen einzutauchen und wertvolle Erkenntnisse zu teilen.
Hier geht es direkt zum Interview:
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Transkript
Stefanie Voss [00:00:00]:
Hallo liebe Zuseher, herzlich willkommen bei Panthera. Heute mit Stefanie Voss. Und sie hat uns ihr neues, aktuelles Buch mitgebracht, die Piratenstrategie. Und es klärt die Frage, was würdest du tun, wenn du Pirat oder Piratin wärst? Viel Spaß beim Zusehen.
Stefanie Voss [00:00:24]:
Ja, liebe Stefanie, danke, dass du noch mal im zweiten Gespräch hier bist. Ich kann dich natürlich auch nicht gehen lassen, bevor wir nicht noch über dein Abenteuer gesprochen haben. Die meisten Leute verbinden eine Art Weltumsegelung mit was ganz Romantischem. Das ist eine tolle Sache, wenn man das mal erlebt hat. Das hilft einem so viel. Wie ist es denn wirklich? Und wie kommt man überhaupt auf so ein Zeug?
Stefanie Voss [00:00:50]:
Es ist auf jeden Fall anders, als man sich es vorstellt. So viel kann ich jetzt schon verraten. Ich bin auf die Idee gekommen, weil ich familiär vorbelastet bin. Ich habe einen Großvater, der tatsächlich ein, zumindest in der Seglerszene, recht bekannter Segler ist. Dr. Jürgen Meier hieß der. Der ist ein Hand die Welt gesegelt, also als einzelner Mann auf einem Schiff. Und zwar war er da schon pensioniert, war schon Anfang 60.
Stefanie Voss [00:01:18]:
Und hat tatsächlich die Seglerszene in Deutschland so ein bisschen auf den Kopf gestellt. Denn natürlich sagte man ihm, er sei zu alt, das könnte er nicht machen. Und dann war er der schnellste Deutsche auf der sogenannten Barfußroute. Also Man segelt durch den Panama-Kanal, von Europa, Panama-Kanal, dann durch den Pazifik, dann Indischer Ozean und dann zurück nach Europa. Und mein Großvater hat natürlich dadurch eine gewisse Berühmtheit in der Seglerszene erlangt. Und Er hat dann sogar gesagt, ich möchte das noch mal machen. Weil er so begeistert war von seinem Erfolg und von der Segelei. Wie lange hat das gedauert? Seine Weltumsegelung ungefähr ein Jahr, knappes Jahr.
Stefanie Voss [00:02:01]:
Er hat dann gesagt, ich möchte es noch mal machen. Das ist der tragische Teil der Geschichte. Er wollte dann von Deutschland nach Deutschland nonstop segeln. Also beide Cups, nicht Panama-Kanal oder irgendwas. Von der Reise ist er tatsächlich nicht mehr zurückgekehrt. Er ist, wie man das so schön sagt, mit Mann und Maus untergegangen. Das war, bevor ich ihn richtig kennenlernen konnte. Er ist zu seiner 2.
Stefanie Voss [00:02:26]:
Reise im Sommer 1974 aufgebrochen. Da war ich gerade geboren. Und erstaunlicherweise war es trotzdem meine Großmutter, also seine Frau, die mir immer gesagt hat, geh segeln, du bist wie der Daddy, geh da raus, mach das. Und ich hab allerdings von Anfang an gesagt, ja, segeln finde ich cool, alleine werde ich nie segeln. Also ich habe angeheuert auf einem Schiff mit einer Crew, aber ich habe immer gesagt, nee, alleine segeln ist nicht meins. Und ja, es ist ganz anders, als man sich das vorstellt. Beim Segeln denkt man ja so an Freiheit, an so die große, ja, weite Welt und… Rum, Rumsundfrüchte.
Stefanie Voss [00:03:09]:
Genau, alles das. Also, Segeln hat wirklich tatsächlich sehr wenig mit Freiheit zu tun. Im Gegenteil, weil man ist auf einem sehr kleinen Raum mit sehr unterschiedlichen Leuten über sehr lange Zeit.
Stefanie Voss [00:03:20]:
Was war das Ziel dieser Truppe? Waren das alles Leute, die sagen, wir wollen die Welt segeln? Oder hatte das noch einen anderen Auftrag, das ganze Schiff? Wie war das da?
Stefanie Voss [00:03:32]:
Es war eine Gruppe von Schiffen, die gemeinschaftlich die Welt gesegelt sind. Die also immer gemeinschaftlich die ganzen Etappen gesegelt sind. Das waren zum größten Teil Privatleute, die gesagt haben, ich möchte mal die Welt segeln. Ich trau mich das nicht alleine, sondern ich mach das in einer Gruppe. Das hat auch gewisse Sicherheitsaspekte. Ich war auf verschiedenen Schiffen. Allerdings die allermeiste Zeit war ich auf einem Schiff unter deutscher Flagge. Eine 20 m lange Yacht.
Stefanie Voss [00:03:59]:
Wir waren zwischen 10 und 15 Leuten Besatzung. Allerdings durchaus international gemischt. Meine Wachführerin z.B. War eine Schottin.
Stefanie Voss [00:04:08]:
Was für Leute trifft man dort? Was sind das für Leute, die sagen, sind das irgendwelche verrückten Menschen, die ausgebrochen sind und abhauen wollen, sind das Rentner? Was erlebt man da?
Stefanie Voss [00:04:21]:
Die Seglerszene ist so bunt wie das Leben. Du triffst eigentlich alles. Alt, jung, Männer, Frauen, unterschiedlichste Berufe, unterschiedlichste Hintergründe. Es sind schon auch ein paar Freaks dabei, also ein paar ein bisschen schräge Charaktere. Was bei Seglern schon charakteristisch ist, das sind schon, hartgesotten ist vielleicht das falsche Wort, aber wer lange Etappen segelt, der ist jetzt nicht irgendwie total etipetete oder irgendwie ööö, so das nicht. Es sind oft starke Charaktere, das macht es nicht einfach. Das muss man auch dazu sagen. Und es sind aber Menschen, die alle irgendwo anpacken können.
Stefanie Voss [00:05:00]:
Also Segler sind nicht… Ja, packen an, sind sich für nichts zu schade, so kann man das vielleicht sagen.
Stefanie Voss [00:05:08]:
Du hattest mich erstaunt, weil du hast gesagt, das war jetzt nicht die romantische Fahrt. Was ist dir da alles so widerfahren?
Stefanie Voss [00:05:15]:
Also ich hab natürlich gedacht, Ich war sehr naiv, als ich die Reise geplant habe, das wird alles super. Es war gerade die ersten Wochen und Monate alles andere als super, weil ich große Schwierigkeiten hatte, mich in der Crew zurechtzufinden, meinen Platz zu finden. Stell dir vor, du bist auf 30 Quadratmetern mit 10, 12, 15 Leuten eingesperrt über, sagen wir mal, 14 Tage. Und die sind nicht alle nett und unkompliziert. Und natürlich ärgerst du dich am Anfang und dann gibt es Konflikte. Und diese Konflikte auszuhalten und sich da durch zu manövrieren und du kommst ja nicht raus.
Stefanie Voss [00:05:57]:
War das der Beginn deiner Coaching-Ausbildung?
Stefanie Voss [00:06:00]:
Ja, im Grunde genommen, ja, genau so könnte man es sagen. Es war ein Selbstcoaching der sehr speziellen Art, der sehr harten Art. Weil dieses überhaupt nicht aussteigen können, das ist schon brutal. Es ist wirklich brutal. Wenn ich jetzt zurückgucke, dann würde ich sagen, ich habe das ja mit Mitte 20 gemacht.
Stefanie Voss [00:06:16]:
Würdest du es noch mal machen?
Stefanie Voss [00:06:19]:
Also mit dem Wissen von heute, man vergisst ja Gott sei Dank schnell. Wenn ich mir meine Tagebücher von damals angucke, dann kann man eigentlich nicht sagen, ich würde es noch mal machen, weil es war schon wirklich sehr, sehr hart. Ich war am Anfang einfach extrem unglücklich. Ich habe mich unglaublich viel gestritten mit anderen Leuten. Ich war total allein, also unter lauter Leuten, aber total einsam. Und ich hab einfach erst mal mehrere Wochen, eigentlich ein paar Monate gebraucht, zu kapieren, was das Problem ist. Und es sind eben nicht die anderen, und es ist nicht das Wetter, und es ist nicht das Segeln, sondern das Problem ist mein Verhalten.
Stefanie Voss [00:06:53]:
Welches Verhalten
Stefanie Voss [00:06:54]:
war damals? Der Klassiker, wir Menschen haben halt gerne Recht. Recht haben wollen ist eine blöde Strategie, wenn du mit Menschen gut klarkommen willst.
Stefanie Voss [00:07:06]:
Was habt ihr da so diskutiert? Es ging nicht ums Wetter.
Stefanie Voss [00:07:08]:
Es ging alles. Es gab einen Mitsegler, mit dem hab ich mich viel gefetzt. Und Es waren so Kleinigkeiten. Ich hab z.B. Die Anweisung bekommen, ich sollte ein Segel trimmen. Dann hab ich das gemacht. Dann ging er noch mal hin und zog noch mal 2 cm nach. Jedes Mal.
Stefanie Voss [00:07:28]:
Irgendwann lernst du, Ich kann mich jetzt darüber aufregen oder ich kann anfangen, in dem anderen das Gute zu suchen. Und eins musste ich natürlich anerkennen, der Typ war ein hervorragender Segler. Natürlich macht das keinen Unterschied, ob du 2 cm mehr ziehst oder nicht. Aber Er hatte einfach viel mehr Ahnung als ich. Dann hab ich angefangen, immer wenn ich mit ihm interagiert habe, mich auf seine Stärke zu fokussieren. Was kann der? Wofür kann ich den bewundern? Wofür kann ich den wertschätzen? Wenn du damit anfangen kannst, kannst du die Wut und den Ärger in dir runterfahren. Ich hab aber eine ganze Weile gebraucht, bis das geklappt hat. Aber es hat geklappt.
Stefanie Voss [00:08:08]:
Wir sind am Ende vernünftig miteinander klargekommen. Ich hab wirklich viel Seglerisches von ihm gelernt. Das kann ich heute so anerkennen. Aber die ersten Wochen und Monate hat er mich in den
Stefanie Voss [00:08:22]:
Wahnsinn getrieben. Vor allem, wenn man die Tür nicht wirklich zumachen kann.
Stefanie Voss [00:08:25]:
Eine Tür gab es nicht. Meine Koje lag am Durchgang zur Toilette. Jeder, der auf Toilette gehen musste, ist immer an meiner Koje vorbeigelaufen. Ich kann dir nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass Männer über die Reling pinkeln. Gab es da schon Europacks? Nee, hab ich nicht benutzt. Aber der gute Effekt ist, ich kann heute immer noch überall und bei jeder Lautstärke schlafen. Das hab ich behalten. Es war eine sehr coole Fähigkeit, wenn man Kinder bekommt.
Stefanie Voss [00:08:58]:
Ihr wart dann auf hoher See, habt dann auch mal kurz angelegt, oben wieder auf. Und dann jedes Mal erst mal den Boden geküsst. Bist du seekrank geworden?
Stefanie Voss [00:09:07]:
Ich bin tatsächlich immer seekrank geworden. Wobei die Seekrankheit zum einen sich mit Medikamenten ganz gut behandeln lässt. Und zum Zweiten muss man wissen, wenn du lange Etappen segelst, du bist ja oft je nach Etappe 10, 14 Tage auf See, eine Seekrankheit hält in der Regel nur ein, zwei Tage an. Dann hat der Körper und der Gleichgewichtssinn sich dran gewöhnt. Ich hab meistens am Anfang ein, zwei Tage Tabletten genommen. Dann war es aber alles okay. Dann konnte ich wunderbar da leben an Bord. Bei schlechtem Wetter, klar.
Stefanie Voss [00:09:39]:
Unter Deck, bei schlechtem Wetter. Und wenn du dann kochen musst oder etwas Ätzendes machen musst oder du musst in den Motorraum oder so. Das ist sehr unangenehm. Ich hab mich das ein oder andere Mal über die Reding gehängt. Aber insgesamt war das nicht das größte Problem. Die zwischenmenschliche Komponente ist beim Segeln das Härteste. Das ist einfach so.
Stefanie Voss [00:10:03]:
Da bist du zum Diamanten geworden, warst die Konfliktsituation an. Es ist doch sicherlich auch die Arbeit an sich selber.
Stefanie Voss [00:10:09]:
Ja, natürlich. Ich sag immer so gerne, ich hab mir auf der Weltumsegelung mein Ego abgeschliffen. Es gibt natürlich immer noch Ecken und Kanten. Frag mal meinen Mann oder meine Kinder. Aber ich würde sagen, dieses sich immer in allem durchsetzen wollen, Recht haben wollen, gerne auf die anderen zeigen, das habe ich mir abgewöhnt. Im Nachhinein betrachtet, das war ja ein Sabbatical, ich hab ja nicht gearbeitet. Für meine Karriere und für meine weitere berufliche Entwicklung war das Gold wert, weil mir ist das halt mit Mitte 20 passiert. Den meisten Menschen passiert das mit 40 oder so.
Stefanie Voss [00:10:45]:
Und ich hab einfach mit Mitte 20 gelernt, was kann ich ändern? Die anderen ändern sich nicht für dich. Das tun sie einfach nicht. Warum auch? Also du bist derjenige, welcher…
Stefanie Voss [00:10:56]:
Wenn die Zuseher ihren heimlichen Traum mit Realität gefüllt wurde und sie sagen, vielleicht lasse ich das doch mit der Weltumsegelung. Für die Zuseher, wie sieht denn so ein Tagesablauf auf so einem Schiff aus? Wie ist man da eingeteilt und was macht man?
Stefanie Voss [00:11:13]:
Du hast Wachsysteme in der Regel auf Schiffen. Wir hatten ein 3- und 6-Wachsystem. D.h. Du hast 3 h Wache und 6 h Freiwache. Dann wieder 3 h Wache und 6 h Freiwache. D.h. Dadurch, dass das ein 9-h-Zyklus ist, verschiebt der sich jeden Tag. In den 3 h Wache hast du die Aufgabe, das Schiff zu segeln.
Stefanie Voss [00:11:33]:
Wir hatten keine Selbststeuerung an Bord. Es musste 24 Stunden jemand am Steuer stehen. Wenn du mit drei Leuten in der Wachgruppe bist, teilst du dich in Halbstundenabschnitten auf. Du steuerst eine halbe Stunde, dann machst du eine Stunde irgendwelche anderen Arbeiten und dann wieder. Zudem hast du neben dem Segeln des Schiffes noch weitere Aufgaben. Z.B. Die Gruppe, die abends 18 Uhr aufwache, muss vorher für alle Mann das Abendessen bereiten.
Stefanie Voss [00:12:00]:
Was gibts da zu essen?
Stefanie Voss [00:12:02]:
Wir haben sehr gut gekocht. Wir hatten keinen Kühlschrank, wir hatten einen kleinen Herd. Wir hatten nur 2 Flammen. Trotzdem haben wir unfassbar gut gekocht. Es gibt vegetarische Sachen. Ohne Kühlschrank kannst du kein Fleisch behalten.
Stefanie Voss [00:12:18]:
Ging das mit dem Fischen vielleicht?
Stefanie Voss [00:12:20]:
Wir haben unglaublich viel Fisch gegessen. So viel, dass ich bis heute noch nicht gerne Fisch esse. Ich hab mich mit Fisch überessen. Das Problem ist beim Fisch, Du angelst den, du holst den raus. Ich musste Gott sei Dank nicht zerlegen.
Stefanie Voss [00:12:35]:
Das haben bei uns andere gemacht.
Stefanie Voss [00:12:37]:
Geht das über Blinkern? Du hast einfach eine Leine hinten rausgehalten.
Stefanie Voss [00:12:39]:
Einfach rausgehalten?
Stefanie Voss [00:12:42]:
Ja. Du merkst, auch damals schon, das ist jetzt schon ein paar Jahre her, Im Indischen Ozean fängst du einen Fisch nach dem anderen. Der Atlantik ist relativ leer gefischt. Im Atlantik ist es schwieriger, Fische zu kriegen. Aber du holst den raus, filetierst den, haust ihn in die Pfanne. Hast du schon mal Fisch gebraten zu Hause? Wie lange stank deine Küche? 2 Tage mindestens. Irgendwann stinkt ein ganzes Schiff nach gebratenem Fisch. Mein Schlafsack, meine Zahnbürste, meine Unterwäsche.
Stefanie Voss [00:13:08]:
Ist das
Stefanie Voss [00:13:08]:
so wie mit Knoblauch? Man riecht es selber nicht mehr?
Stefanie Voss [00:13:11]:
Nee, man riecht es nur. Aber deswegen esse ich heute noch relativ ungern Fisch.
Stefanie Voss [00:13:15]:
Das reicht ja auch für die nächsten 10 Jahre.
Stefanie Voss [00:13:17]:
Aber was z.B. Cool war an Bord, das habe ich bis heute beibehalten, diese Kenntnisse. Wir haben jede Nacht Brot gebacken. Wir hatten kein frisches Brot. Immer die Wache, die 6 Uhr morgens auf Wache ging, wenn da jemand Bock hatte, ist er ein bisschen früher aufgestanden. Oder die Leute, die Nachtwache hatten, haben sich hingestellt.
Stefanie Voss [00:13:36]:
Ist das typisch deutsche Segler-Brot? Na
Stefanie Voss [00:13:39]:
ja, aber Brot ist ein leckeres Grundnahrungsmittel. Wir haben jede Nacht an Bord Brot gebacken.
Stefanie Voss [00:13:46]:
Was gab es für Brote? Sauerteig?
Stefanie Voss [00:13:50]:
Das hatten wir nicht. Wir hatten Trockenhefe. Wir haben Hefebrote gebacken. Ich erinnere mich an eine Nacht. Da hatten wir relativ unruhiges Wetter. Ich habe Brot gemacht. Wir haben oft Gewürze in die Brote getan. Ich hatte die Chili-Dose in der Hand und in dem Moment, wo ich ein bisschen Chili in den Teig tun wollte, kam eine Welle und das Brot wurde ungenießbar.
Stefanie Voss [00:14:12]:
Es war so scharf.
Stefanie Voss [00:14:13]:
Das Brot hat dann da dieser Besserwisser bekommen. Da hattest du zwei Tage Ruhe.
Stefanie Voss [00:14:18]:
Wir haben es tatsächlich dann über Bord geschmissen, man konnte es nicht essen. Wir haben Waffeln gemacht, nicht mit Waffeleisen, sondern auch in der Pfanne. Wir haben alle möglichen Sachen ausprobiert. Es gab Ostern einen richtigen Osterzopf. Wir haben echt viel gemacht, aber mit sehr einfachen Mitteln. Wir hatten keine Küchengeräte. Wir haben die Eier mit der Hand, mit diesem Eierschläger geschlagen. Der Arbeitsplatz war so groß.
Stefanie Voss [00:14:47]:
Beschäftigt man sich da, hat man da viele Bücher mit dabei? Oder ist es einfach so, du kriegst so viele Aufgaben, dass dir gar nicht langweilig werden kann?
Stefanie Voss [00:14:56]:
Nee, du hast viele Bücher dabei. Tatsächlich, Wenn du Passatwind segelst, also wenn du entlang der sogenannten Passatrouten unterwegs bist, dann hast du oft tagelang eigentlich seglerisch nicht viel zu tun. Gerade die Atlantiküberquerung von Südafrika nach Brasilien, da hatten wir unglaublich konstanten, sehr schönen Wind. Du kannst fast sagen, wir haben in Südafrika die Segel gesetzt und haben sie 2 Wochen später wieder runtergenommen. Nein, du liest. Natürlich gibts an Bord immer was zu tun. Aber… Wegschrubben.
Stefanie Voss [00:15:28]:
Ernst? Gibt es das?
Stefanie Voss [00:15:29]:
Ja, gibt es. Lackieren, Sachen ausbessern, Segel flicken. Alles Mögliche gibts immer wieder. Ich hab tatsächlich in der Zeit viel, viel, viel gelesen. Wir hatten kein Radio an Bord, du hast keinen Empfang, keinen Computer, nix. Also lesen.
Stefanie Voss [00:15:44]:
Ich nehme an, Die Gleichberechtigung, das war kein Thema. Du warst in dem Moment Seglerin.
Stefanie Voss [00:15:49]:
Alle waren Segler.
Stefanie Voss [00:15:50]:
Die haben dich nicht sonderbehandelt?
Stefanie Voss [00:15:53]:
Nein, wir hatten einen Skipper und wir hatten Wachführer. Und alle haben aber alles gemacht. Alle mussten Klos schruppen, Alle mussten kochen, alle mussten steuern, alle mussten alles machen. Und klar, wenn schlechtes Wetter war oder wenn sehr anspruchsvolle Segelwechsel anstanden, dann hat nicht nur die Wache, die dran war, gearbeitet, sondern dann mussten alle anderen mitarbeiten. Also immer schön bei 7° und Regen und Sturm vor Segelwechseln. Du stehst mit jeder Welle, die das Boot runterhaut, bis hierhin im Wasser. Bist aber angekettet und gesichert. Ja, war schön.
Stefanie Voss [00:16:30]:
Schön anstrengend, gell?
Stefanie Voss [00:16:32]:
Ja, ja, ja. Aber das, wie gesagt, ich finde im Nachhinein, die physischen Anstrengungen hab ich nicht als sehr anspruchsvoll in Erinnerung, das Zwischenmenschliche ist das Anspruchsvollste.
Stefanie Voss [00:16:43]:
Ich find es auch eine interessante Message, dass man an so einer Geschichte merkt, dass man sich manchmal in solche Situationen reinbringen muss, eben auch dann was draus zu lernen. Manchmal muss man ein bisschen verrückt sein und wagemutig v.a.
Stefanie Voss [00:16:58]:
Ja, und es geht auch immer viel mehr, als wir glauben. Es war z.B. Auch mal kalt an Bord. Wir hatten auch mal richtig schlechtes Wetter und es war kalt und es war feucht und du stirbst nicht, wenn du jetzt mal eine Woche deine Unterwäsche nicht wechselst. Ja, es war einfach auch mal so kalt, dass ich meine Sachen, vor allem meine Thermosachen, nicht ausziehen wollte. Wenn ich das normal nehme, würde man sagen, das ist ja eklig usw. Das ist alles irrelevant.
Stefanie Voss [00:17:24]:
Bei dem Fischgestank
Stefanie Voss [00:17:25]:
ist das so. Solche Sachen werden einfach egal. Es gibt so Sachen, die sind dann einfach nicht wichtig. Was aber wichtig ist, und das Wichtigste sind die zwischenmenschlichen Beziehungen, wenn du dich wertgeschätzt fühlst, wenn du dich anerkannt fühlst, wenn du das Gefühl hast, ich komm hier klar, wir müssen nicht alle dicke Freunde werden, aber Wir müssen auf Augenhöhe miteinander umgehen. Das ist das Wichtigste. Es ist so banal wie schwierig. Es liegt alles an dir selber.
Stefanie Voss [00:17:53]:
Man kann auch nicht mal eben aussteigen.
Stefanie Voss [00:17:55]:
Ja, kannst du natürlich machen. Ist halt Selbstmord.
Stefanie Voss [00:17:58]:
Heutzutage geben Leute viel zu schnell auf. Oder machen viel zu schnell die Tür zu. Das geht ja nicht. Das hast du ja auch gelernt, nicht nur Konflikte, sondern auch Durchhalten.
Stefanie Voss [00:18:10]:
Ja, ja. Also letztendlich, die Entscheidung wird dir natürlich leicht gemacht, weil die Alternative Aussteigen ist eben, dich umbringen. Das willst du nicht, Also wollte ich nicht. Insofern zwingt man sich da natürlich in eine Situation rein, die dich einfach von den Rahmenbedingungen her dazu veranlasst, sehr gut und intensiv zu reflektieren. Und es ist natürlich im heutigen Leben, wenn ich einen Konflikt hab mit jemandem, mit einer Kollegin, Chef, Chefin, ich kann mich ja immer wieder zurückziehen. Und ich kann immer wieder in meine Gedankenmuster einsteigen, der ist schuld und der macht das falsch, oder die ist doch so doof. An Bord bist du den Leuten permanent ausgesetzt. Du hast keine Privatsphäre, gar nicht.
Stefanie Voss [00:18:54]:
Das ist aber gut, weil es dich sehr schnell durch dieses Teil der Tränen durchtreibt. Das war das Learning für mich. Es war sehr hart, ich war sehr, sehr unglücklich und auch sehr einsam. Und es war aber gut, dass es so intensiv war, weil es mich sehr schnell gezwungen hat, meine Verhaltensweisen zu verändern. Ja, also natürlich sind nicht alle Leute toll. Und natürlich haben andere auch ihre Macken. Aber Menschen verändern sich nicht für mich. Das tun sie einfach nicht.
Stefanie Voss [00:19:27]:
Mach ich ja für andere auch nicht. Und wenn ich was verändern will in unserer Beziehung, dann fange ich doch einfach mal bei mir an. Und das ist so banal und so leicht ausgesprochen, aber manchmal musst du sehr viel Schmerz empfinden, wirklich in die bewusste Veränderung zu gehen. Und das war so die Erfahrung der Weltumsegelung. Und jetzt muss ich dazu sagen, am Ende war es auch echt okay. Und ich bin auch sehr, sehr glücklich gewesen, dass ich es gemacht habe. Ich habe mir da viel zugemutet. Aber mit dem Wissen, was da auf mich zukommt, hätte ich das vorher gewusst, ich hätte das nicht gemacht.
Stefanie Voss [00:19:58]:
Haben enge Freunde und Familie gesagt, du hast dich jetzt aber ein bisschen verändert? Hast du das Feedback bekommen, dass die das gemerkt haben?
Stefanie Voss [00:20:04]:
Ich hab nach der Weltumsegelung, wie vorher, alleine gelebt. Insofern kam da nicht so… Ich hab es für mich selber in meinem Job sehr, sehr gelernt, dass ich, ich glaube, ich hab eine Fähigkeit entwickelt, mit sehr unterschiedlichen und auch mit schwierigen Menschen gut klarzukommen. Die hatte ich vorher mit Sicherheit nicht. Und in der Selbstständigkeit noch mehr als als Angestellte ist das echt Gold wert. Ich kann Menschen relativ gut so nehmen, wie sie sind. Ich muss mich ja nicht mit ihnen anfreunden. Und wenn mir jemand zu schwierig ist, dann muss ich ja auch nicht langfristig mit jemandem zusammenarbeiten.
Stefanie Voss [00:20:39]:
Ich sage immer, ich biete auch vielen Menschen in meinem Leben das Tschüs an. Aber grundsätzlich kann ich erst mal, glaube ich, mit einem großen Maß an Wertschätzung auf Menschen zugehen. Auch wenn ihre Verhaltensweisen oder das, was sie sagen oder tun, wenn ich das erst mal schwierig finde. Ich suche, glaube ich, sehr intuitiv nach dem, was ich an anderen Menschen respektieren kann, statt mich an dem aufzureiben, was mich an ihnen nervt.
Stefanie Voss [00:21:06]:
Stefanie, ich danke mich sehr bei dir, dass du diese wertvolle Geschichte mit uns geteilt hast. Sehr gerne. Sehr lehrreich auch. Danke, dass du da warst.
Stefanie Voss [00:21:15]:
Ja, vielen, vielen Dank. Dankeschön. Untertitel der Amara.org-Community